Zypern hat die Qual der Wahl
Bei der heutigen Stichwahl bestimmen die Stimmberechtigten Zyperns ihren obersten Krisenmanager. Der konservative Kandidat setzt auf Privatisierungen, nimmt das Wort aber nicht in dem Mund.

Um 6 Uhr Schweizer Zeit öffneten die Wahllokale auf der Mittelmeerinsel Zypern. Es ist ein klassisches Rechts-Links-Duell, zu dem der konservative Nikos Anastasiades (66) bei der Stichwahl um das Präsidentenamt gegen den linken Gegenkandidaten Stavros Malas (45) antritt. Die Uhr tickt: Denn das Geld in den Staatskassen reicht nur mehr bis Ende März. Die finanziell schwer angeschlagene Inselrepublik kämpft ums Überleben.
Auf den neuen Mann an der Spitze wartet keine leichte Aufgabe. Denn der Inselstaat braucht dringend 17,5 Milliarden Euro, was der Wirtschaftsleistung eines Jahres entspricht. Damit liessen sich die Banken und die Staatsfinanzen wenigstens einigermassen stabilisieren.
Konservativer Favorit
Anastasiades geht als Favorit ins Rennen. Er hatte bei der ersten Runde der Präsidentenwahl am vergangenen Sonntag 45,5 Prozent der Stimmen bekommen und damit die Nase vorn. Allerdings verfehlte er die nötige absolute Mehrheit. Anstasiades wird hauptsächlich von der konservativen Demokratischen Gesamtbewegung (DISY) und einem Teil der politischen Mitte unterstützt.
Entgegen allen Umfragen konnte sich der linke Kandidat Stavros Malas mit 26,9 Prozent als Zweitplatzierter durchsetzen und muss sich nun mit Anastasiades messen. Hinter Malas steht vor allem die Aufbaupartei des werktätigen Volkes (Akel), die kommunistische Wurzeln hat.
Wenig Spielraum
Beobachter gehen davon aus, dass der Wahlsieger nicht viel Spielraum haben wird, eine eigene Politik in Sachen Finanzen zu entfalten. Schafft es die Insel nicht, ihre finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen, könnte sie gezwungen sein, als erster EU-Staat die Eurozone zu verlassen.
Die Europäische Union stellt für eine Hilfe einfache Bedingungen – ganz nach der Devise nehmen und gerettet werden – oder es lassen und selbst sehen, wie man weitermacht.
Heftig zirkulieren Gerüchte und Vermutungen, dass russische Oligarchen Schwarzgeld auf der Insel angelegt haben. Die EU ist zur Hilfe bereit, aber nicht ohne gründliche Prüfung. In erster Linie soll kontrolliert werden – darauf besteht vor allem Berlin – was mit dem russischen Geld auf der Insel passiert.
Keine einfache Aufgabe für den neuen Mann: «Manchmal ist es schwieriger, gegen Gerüchte als gegen Tatsachen zu kämpfen», meint ein Diplomat in der Hauptstadt Nikosia. Die EU denkt an eine Lösung mit einer kombinierten Hilfe aus eigenen Geldern und russischen Krediten. Dazu hat sich Moskau grundsätzlich bereiterklärt.
Die Summe, die Zypern braucht, ist im Vergleich zu anderen kriselnden EU-Partnern klein. Dennoch gibt es Stimmen in der EU, die dafür sind, Zypern fallenzulassen, um ein Zeichen zu setzen.
Russische Interessen
Damit allerdings würde dann die strategisch wichtige Insel im östlichen Mittelmeer, vor der reiche Erdgasvorkommen unter dem Meeresboden entdeckt wurden, praktisch den Russen überlassen. Moskau könnte gut einen Stützpunkt auf Zypern gebrauchen. Geeignete Hafenanlagen gibt es im Süden nahe der Hafenstadt Larnaka.
Anastasiades verspricht, Zypern wieder auf europäischen Kurs zu bringen. Das Wort Privatisierungen nimmt er aber nicht in den Mund. Privatleute oder Unternehmen sollen Aktien der staatlichen Betriebe kaufen können, wie der Elektrizitätsgesellschaft AIK oder der Telefonie (Cyta). Malas lehnt Privatisierungen ab. Das Geld soll hauptsächlich aus dem Verkauf von Erdgas-Gewinnrechten kommen.
Die Wahllokale schliessen um 17 Uhr Schweizer Zeit. Unmittelbar danach werden erste Prognosen erwartet. Diese lagen allerdings in der ersten Runde vor einer Woche daneben, denn darin wurde Anastasiades bereits eine absolute Mehrheit zugesprochen. Damit wäre die nun stattfindende Stichwahl entfallen.
SDA/mw
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