Zwischen Rockoper und Strassentheater
Irina Brook inszeniert Ibsens «Peer Gynt» an den Salzburger Festspielen. Vollends überzeugend ist das nicht.

Seit 20 Jahren ist die Perner-Insel im Städtchen Hallein vor den Toren Salzburgs der Ort fürs Experimentelle bei den Salzburger Festspielen. Kurz nach Amtsantritt des reformfreudigen Intendanten Gerard Mortier wurde die ehemalige Salzsiedehalle als alternative Off-Bühne entdeckt und notdürftig hergerichtet. Etliche Theaterwunder gab es hier seither zu bestaunen, darunter Luc Percevals zwölfstündiges «Schlachten»-Gemälde oder, vergangenes Jahr, beide Teile von Goethes «Faust», inszeniert von Nicolas Stemann als achtstündiger Bühnenmarathon.
Diesmal waren es nur gute drei Stunden, doch auch die kamen manchem Zuschauer ziemlich lang vor. Irina Brooks, Tochter des britischen Regisseurs Peter Brooks, hatte sich Henrik Ibsens «Peer Gynt» angenommen und aus dem märchenhaften Entwicklungsdrama eine multimediale, multikulturelle Revue gemacht, angesiedelt irgendwo zwischen Rockoper und Strassentheater.
Mick Jagger-Verschnitt
Peer Gynt, von Ibsen als Versepos angelegt und später zum Schauspiel umgeschrieben, erzählt die Geschichte eines überbehüteten jungen Mannes, der mit fantastischen Lügengeschichten versucht, der Realität zu entfliehen. Auf der Suche nach Liebe und Abenteuer macht er die Bekanntschaft mit Trollen und Dämonen, entführt die Frau eines Bekannten direkt von der Hochzeitsparty und verliebt sich ausgerechnet in die sittenstrenge Solveig.
Nach einem Zeitsprung ist aus Peer ein steinreicher Sklavenhändler geworden. Als ihm seine Reichtümer gestohlen werden und er im Irrenhaus landet, wendet sich Peer vom Geld ab und Gott zu. Verarmt kehrt er in seine Heimat zurück, wo ihn Solveig, die immer auf ihn gewartet hatte, von seinen Selbstzweifeln und Irrwegen erlöst.
Brooks Idee, Peer von einer Karriere als berühmter Rockstar träumen zu lassen, hätte von einer Schülertheater-AG kommen können. Sein Live-Auftritt als «PG» mit der Band «The trolls» hatte auch musikalisch nur Durchschnittsformat, die anschliessende «Pressekonferenz» des koksenden Mick Jagger-Verschnitts war mässig komisch. Fast kitschig wirkte die Bekehrung Peers durch eine Art Guru inmitten eckig tanzender Jünger und flammender Feuerschalen.
Wenig Raum für echte Charakterstudien
Da fast alle Mitglieder aus Brooks 14-köpfiger, international zusammen gewürfelter Truppe auch irgendein Instrument zu spielen hatten, blieb wenig Raum für echte Charakterstudien. Allein der isländische Schauspieler Ingvar E. Sigurdsson stach hervor, der die Titelfigur verkörperte und gut drei Stunden lang künstlerische Schwerarbeit leistete. Gesprochen wurde der Text, in den Gedichte des US-Dramatikers Sam Shepard eingestreut waren, in englischer Sprache - mit deutschen Übertiteln. Für einen Rest an nordischer Atmosphäre sorgten Sequenzen aus Edward Griegs Peer-Gynt-Orchestersuite. Ansonsten gaben Pop, Country, Gospel und Rock den Ton an.
Von früheren Grosstaten auf der Insel war Brooks Spektakel meilenweit entfernt. Die Mehrheit der Zuschauer in der nicht ganz ausverkauften alten Salzsiedehalle schien sich trotzdem hinreichend gut unterhalten zu fühlen und applaudierte kräftig, wenn auch nicht überschwänglich. Brook wird am 24. August William Shakespeares Theaterstück «La Tempete» («Der Sturm») in einer französischen Fassung wiederum auf der Perne-Insel präsentieren, dann allerdings nicht als Neuinszenierung, sondern als Gastspiel ihrer Compagnie.
dapd
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