Zwiebelzöpfe sind nicht nur Frauensache
In Kallnach ist die Familie Lehmann im Endspurt für den Zibelemärit. Seit 12 Wochen knüpfen Helferinnen Zöpfe und Kränze. Wunde Finger hat sich auch ein Mann geholt.
Zum Zmittag hat Mara Lehmann «Suure Mocke» und Kartoffelstock gekocht, mit dem das Zwiebelzopf-Knüpfteam Kraft tankt. Dafür hat die 84-jährige Köchin das schönste Geschirr hervorgekramt, und zum Kaffee gibt es noch einen Kräuterschnaps. Dann geht es wieder zurück an die Arbeit, denn die Zeit drängt. Am nächsten Montag ist Zibelemärit in Bern und diesen Freitag werden die Zwiebelzöpfe vom Seeland in die Stadt transportiert. Seit sieben Jahren ist die Familie Lehmann am Märit in Bern mit einem Stand präsent.
Mara Lehmanns Schwiegertochter Ruth zöpfelt, seit sie 10 Jahre alt ist und hat den Brauch in der Familie weitergeführt. Die 55-Jährige arbeitet in einem Blumenladen und ist sich daher das filigrane Arbeiten gewohnt. Für die Zeit vor dem Zibelemärit hat sie unbezahlten Urlaub genommen. «Die Arbeit ist eine Ganzjahresarbeit. Alles fängt schon beim Blumensähen an», erklärt sie. Vom Zibelemärit in Biel, den es auch gibt, will Ruth Lehmann nichts wissen: «Mir ist Brauchtum wichtig, deshalb gehen wir nach Bern.»
Chili aus der Pizzeria
Die zweieinhalb Tonnen Zwiebeln pflanzt Ruth Lehmann nicht selber, sondern kauft sie ein. Die Hitze in diesem Sommer sei den Zwiebeln nicht gut bekommen, weiss Lehmann, dafür ist der Chili, den sie getrocknet mit in die Zöpfe einflechtet, umso mehr gewachsen. «Mein Sohn hat einmal einen Chilisamen aus der Pizzeria mitgenommen und danach eingepflanzt. Und nun haben wir eben auch Chili als Dekoration», sagt sie.
Ihre Helfer zahlt sie meist mit einer Einladung auf eine Reise aus. «Letzes Jahr waren wir auf einer Bierkulturreise in Deutschland», erinnert sie sich.
Seit elf Wochen ist nun der Keller ihrer Schwiegermutter zur Ziebelarbeitsstätte umfunktioniert. Ruth Lehmann stehen Helfer zwischen 17 bis 85 Jahren, mehrheitlich Frauen, zur Verfügung. Aber auch ein Mann ist dabei: René Schneider aus Aegerten. «Die Frauen haben ja nicht geglaubt, dass ich das kann», erinnert sich der 74-Jährige ans Vorjahr. «Wir waren echt überrascht», gibt Ruth Lehmann zu, und auch Schneiders Frau Rosmarie pflichtet dem bei.
Schneider bindet unbeeindruckt weiter die Zwiebeln zusammen. «Mir gefällt die Arbeit sehr gut. Und so mache ich sonst nichts Dümmeres», sagt der Seeländer und lacht. Man merkt, dass er ein wenig stolz ist. Und er ergänzt: «Wer hätte gedacht, dass ich alter Löli noch etwas lernen kann?» Seine Lehrmeisterin, wie er Doris Niklaus nennt, steht neben ihm und schielt ihm noch immer etwas auf die Finger.
Ruth Lehmann über ihr Zwiebelgeschäft und René Schneider über das Spotten der Frauen. Video: cla
Auch nach dem Abtransport ist für Schneider und die anderen Helfer die Arbeit nicht getan: Am Montagmorgen fahren sie in aller Herrgottsfrühe nach Bern und sind ab 6.30 Uhr am Verkaufsstand. «Wir verlassen den nur, wenn es zu kalt ist und wir einen schnappen müssen», witzelt Schneider. Und meint damit einen warmen «Güx».
Anders sieht es bei Lehmanns aus: Mit ihrem Mann Heinrich fährt Ruth bereits am Sonntagabend nach Bern. «Um 3 Uhr Nachts kommt man nicht mehr durch die Stadt», erklärt Ruth Lehmann. Nach dem Abendessen werde die Zeltplane gespannt und geschlafen. Und auch heuer hofft sie auf eines: «Wir haben noch nie Ware wieder heimgenommen. Hoffentlich auch dieses Jahr nicht.»
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