Zürich schaffte Pauschalsteuer ab – 14 Prozent zogen weg
Milliardenschwere Ausländer hatten mit einem Exodus gedroht, bevor der Kanton Zürich den steuerlichen Sondertarif aufhob. Passiert ist seither wenig.
Von Silvio Temperli Er war aus Bayern ausgezogen, um der Erbschaftssteuer zu entkommen: der deutsche Molkereibaron Theo Müller. Er liess sich im Jahr 2003 in Erlenbach an der Goldküste nieder und kam dort in den Genuss der Pauschalbesteuerung. Im Januar 2009 drohte er mit dem Wegzug, falls die Zürcher Stimmbevölkerung die Pauschalsteuer aus dem Steuergesetz streichen sollte: «Vielleicht müsste ich dann nach Schwyz umziehen», sagte Theo Müller damals der «SonntagsZeitung». «Leute wie ich kommen wegen der Pauschalbesteuerung nach Zürich.» Das steuerliche Privileg für reiche Ausländer, die in der Schweiz nicht erwerbstätig sind, ist im Februar 2009 gleichwohl gefallen. Die Stimmberechtigten im bürgerlich dominierten Kanton Zürich sagten mit knapp 53 Prozent überraschend Ja zu einer entsprechenden Volksinitiative der Alternativen Liste. Doch obschon Müller seit dem 1. Januar 2010 regulär veranlagt wird, wohnt er noch heute an der Goldküste in seiner Villa – und soll dort gar weniger Geld an den Fiskus abliefern, wie unlängst die Zeitung «Sonntag» berichtete. Sie beruft sich dabei auf einen Vertrauten Müllers. Dessen Steuerberater habe eine Lösung gefunden, Erlenbach auch ohne Pauschalbesteuerung zum Steuerparadies zu machen: «Und alles ist ganz legal.» Nicht nur Theo Müller, auch andere Vermögende dürften Zürich weiterhin die Treue halten. Laut Adrian Hug, Chef des Steueramts, sind im Kanton Zürich insgesamt 208 ehemals Pauschalbesteuerte registriert. Zum Vergleich: Zug, Schwyz und Obwalden, so Hug, hatten – «zumindest im Zeitpunkt der letzten mir bekannten Erhebung» – weniger als 200 Pauschalbesteuerte. Weit mehr seien es in den typischen Pauschalsteuer-Kantonen Waadt, Wallis, Tessin und Genf. Bis heute weiss Hug von 30 Personen, die nach dem Ende des steuerlichen Sonderrechts nicht mehr im Kanton Zürich wohnen. Das entspricht etwa 14 Prozent. Hug rechnet damit, dass sich die Quote bis Ende Jahr erhöht. Um wie viele Personen, das wagt er nicht vorauszusagen. Eine verlässliche Zahl wird das Steueramt voraussichtlich Anfang 2011 nennen können. Der Grund: Wer bis zum 31. Dezember in einen anderen Kanton zieht, ist für das Jahr 2010 am neuen Wohnort steuerpflichtig. Auswertung erst Ende 2011 Wie viel Geld jene reichen Ausländer dem Staat abliefern, die trotz der Abschaffung der Pauschalsteuer weiterhin im Kanton Zürich ansässig geblieben sind, lasse sich derzeit ebenso wenig beziffern. Auch nicht bekannt ist, ob reiche Zuzüger den möglichen Steuerausfall kompensieren. Eine erste provisorische Beurteilung ist laut Adrian Hug «frühestens Ende 2011 beziehungsweise Mitte 2012 möglich». Wegfallen werden indes die Abgaben des russischen Milliardärs Viktor Vekselberg. Er ist nach Oberwil an den Zugersee gezogen und soll dort über eine Million Franken Steuern bezahlen. Die Steuerfrage, sagte er gegenüber der «Zentralschweiz am Sonntag», sei ein Faktor gewesen, «er ist aber nicht der einzige und schon gar nicht der wichtigste». Vielmehr habe es ihm die wunderbare Landschaft angetan. Die Villa des bayrischen Milchbarons Theo Müller in Erlenbach.Foto: Bruno Schlatter Bildlegende.Foto: Vorname Name, Agentur
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