Städtische Trauerfeier per Notbudget
Die kleine GeschichteDer Zürcher Stadtrat diskutierte über die Ausgaben für die Abdankung von Emilie Lieberherr. Der Zürcher Stadtrat ist nicht zu beneiden. Seit Anfang Jahr muss er sich bei fast allem, was er beschliesst, fragen, ob er sich das auch wirklich leisten kann, darf oder muss. Weil ihm die bürgerlichen Parteien im Stadtparlament einen Strich durch die Rechnung gemacht und das Budget zurückgewiesen haben, muss er per Notbudget regieren. Die Regierung der Schweizer Finanzmetropole darf also nur noch notwendige Ausgaben bewilligen. Doch was ist notwendig für Zürich und seine Bevölkerung? Braucht es ein Hardturmstadion?, fragte sich der Stadtrat etwa, und er kam zum Schluss: Jetzt noch nicht, wir verschieben die Planung auf später. Gestrichen hat er auch die Lunch-Checks für die städtischen Angestellten. Angekündigt hat er Einsparungen bei der Tonhalle. Es gibt auch Spardiskussionen, die ans Bizarre grenzen. So musste sich die Regierung der Schweizer Finanzmetropole allen Ernstes damit beschäftigen, ob man sich eine grosse Trauerfeier für die populäre Alt-Stadträtin Emilie Lieberherr im Grossmünster überhaupt leisten dürfe. So erzählte es Stadtpräsidentin Corine Mauch unlängst an einem öffentlichen Talk in kleiner Runde in Winterthur. Eigentlich gehören solche Feiern für verstorbene Alt-Stadträte zur Tradition. 2008 verabschiedete sich die Stadt in der Augustinerkirche von Jürg Kaufmann, 2003 fanden die Feiern für Sigi Widmer und Ernst Bieri im Fraumünster statt. Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es indes nicht. Nötig für das Funktionieren der Stadt – im engeren Sinne – ist das nicht. Der Stadtrat darf unter Notbudget aber auch bewilligen, was notwendig ist, um Schäden von der Stadt abzuwenden. «Wir kamen zum Schluss, dass der Stadt ein Schaden entstanden wäre, wenn wir nicht einmal in der Lage gewesen wären, für eine derart wichtige Persönlichkeit eine Abdankungsfeier zu organisieren», erzählte Mauch. Eine grosse Diskussion darüber musste nicht geführt werden, so Mauch weiter. «Wir sagten sofort: Jawohl, wir machen das.» Nun ist es ja nicht so, dass der Stadtrat ernsthaft an der Finanzierbarkeit einer Trauerfeier gezweifelt hätte. Vielmehr war die Zürcher Stadtpräsidentin an jenem Abend in lockerer Plauderstimmung. In derselben Runde hatte sie ja auch halb scherzhaft die bereits legendäre Aussage gemacht, es gebe täglich Momente, in denen sie bereue, Stadtpräsidentin geworden zu sein – was dann prompt für einen Sturm im Blätterwald gesorgt hatte. Deshalb ist Mauchs Sprecher Nat Bächtold nun darum bemüht, dass die stadträtliche Diskussion zu Emilie Lieberherrs Abdankung richtig eingeordnet wird. Die Trauerfeier sei für den Stadtrat eine Selbstverständlichkeit gewesen: «Das ist für die Stadt nicht in erster Linie ein Kostenfaktor, sondern ein Zeichen der Anerkennung und Ehre für die verstorbene Person.» Mit dem geltenden Notbudget sei es aber derzeit Usus, nicht alltägliche Aufwendungen auf ihren Bezug zum Grundauftrag zu prüfen. Aus Pietätsgründen will die Stadt die exakten Kosten nicht beziffern. Nur so viel: Es habe sich um einen sehr tiefen fünfstelligen Betrag mit einer Eins am Anfang gehandelt. Die Stadt sorgte für den Blumenschmuck in der Kirche, für den Apéro im Zunfthaus Meisen, für eine würdige Beisetzung im familiären Rahmen und übernahm einen Teil der Kosten für ein sogenanntes Schenkungsgrab – ein Ehrengrab gleich neben der letzten Ruhestätte von Hugo Loetscher. Schon nächste Woche wird die Stadt die nächste grosse Trauerfeier erleben. Am Mittwoch wird Volksschauspielerin Stephanie Glaser im Fraumünster feierlich verabschiedet. Dieser Anlass wird zwar nicht von der Stadt organisiert, doch werde die Stadtpräsidentin teilnehmen, «weil sich Frau Glaser anerkanntermassen um das Zürcher Kulturschaffen verdient gemacht hat», so Bächtold. Zudem richte die Kulturabteilung nach der Feier einen kleinen Apéro im Musiksaal des Stadthauses aus. Das lasse selbst das Notbudget zu. René Donzé Kranz für Emilie Lieberherr: Nicht in erster Linie Kostenfaktor.
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