Nordwand auch für Nicht-Alpinisten
einzusteigen ist nur etwas für Spitzenalpinisten. Jetzt nicht mehr. Bergunerfahrene können nun mit Bergführern in die Wand einsteigen. Auf 2750 Metern über Meer fällt der Blick tief ins Tal hinunter.
Noch herrscht Dunkelheit im Tunnel, der zum Jungfraujoch führt, 3,8 Kilometer von der Kleinen Scheidegg entfernt, 2750 Meter über Meer. Nur eine kleine Holztür trennt den Tunnel von der Nordwand: Die Wand ist 1800 Meter hoch, lange unbezwingbar, immer noch gefährlich und faszinierend. Nun können Nichtalpinisten einige Schritte in der Nordwand machen, begleitet durch Bergführer der Grindelwalder Eventfirma Eigervision: «Grenzenlose Grenzerfahrung für Gruppen» nennt sich der Anlass. Gemäss Kurt Egger von Eigervision sei die Selbstüberwindung ebenso gross wie die Gewissheit, sicher wieder zurückzukommen. Ist man erst einmal draussen, weitet sich der Blick und fällt anschliessend gut einen Kilometer weit hinunter bis auf Alpligen auf 1616 Metern über Meer. Zug macht Extrahalt Das Stollenloch ist ein geschichtsträchtiger Ort. Ursprünglich gebaut, um das herausgebrochene Tunnelmaterial zu entsorgen, erzählt es auch Tragödien: An dieser Stelle scheiterten Retter 1936 an den widrigen Wetterbedingungen, in Rufdistanz verstarb Toni Kurz nach einer Nacht im Seil hängend. Eigervision bietet die Kurzausflüge in die Wand in Zusammenarbeit mit den Jungfraubahnen exklusiv an, der Zug hält ausserplanmässig für die besonderen Gäste. Gestern Freitag durften rund zwanzig Journalisten aus dem In- und Ausland Nordwand-Luft schnuppern. Gesichert durch Bergführer, erhielt man unterhalb von der Roten Fluh die Gelegenheit, kurze «Spaziergänge» am Seil zu unternehmen. Droht jetzt der Nordwand der Massentourismus? Kurt Egger von Eigervision verneint: «Wir bieten unser Angebot für Gruppen an, Individualtouristen kommen nicht durchs Stollenloch.» Bereits seien zwei, drei Anlässe durchgeführt worden, die Teilnehmenden seien begeistert gewesen. «Der Ausstieg ist eigentlich für jedermann machbar», sagt Bergführer Hansruedi Gertsch. Da es vor dem Stollenloch noch ein wenig Platz habe und nicht gleich in einen Überhang münde, hätten auch Bergunerfahrene keine Angst hinauszugehen. Kinofilm entfacht Interesse Die Eigernordwand hat eine lange Geschichte hinter sich, 1252 wurde der Berg in einer Verkaufsurkunde erstmals erwähnt: «as montem qui nominatur Egere» – bis zum Berg, der Eiger heisst. Der Eiger ist somit der erste Gipfel der Alpen, der einen nachgewiesenen Namen hat. Und die Geschichte geht weiter: «Der Kinofilm ‹Nordwand› hat das Interesse an der Wand neu entfacht», ist sich Egger sicher. Er demonstrierte den Journalisten in der Wand, wie die Erstbesteiger von damals ausgesehen haben und erschien in einer Originalausrüstung: Nagelschuhe, Knickerbocker, Leinenjacke und Wollhandschuhe. «Mordwand» wurde der Eiger in den Jahren vor der Erstbesteigung genannt. Wie gefährlich ist nun der Ausstieg aus dem Stollenloch? «Rund um das Stollenloch ist es relativ sicher», sagt Hansruedi Gertsch. Das Angebot gibt es auch in den Wintermonaten. Der Nervenkitzel kostet pro Person 170 Franken, ohne Verpflegung und Bahn. Fritz Lehmann>
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