Kyburg-Wein aus Südafrika
Das Ehepaar Rüst keltert bei Stellenbosch Kyburg-Wein – wegen der schönen Erinnerungen an die frühere Heimat und weil die Südafrikaner den Namen gut aussprechen können.
Von Regula Lienin Kyburg – Auf dem Weingut Kyburg von Fred Rüst ist zurzeit Hochsaison. In diesen Tagen lässt er die Trauben ernten – zuerst die Merlot, dann die Cabernet Sauvignon und zuletzt die Shiraz. Bis Mitte März werden es 160 Tonnen sein. Rüst hat sich für die Lese nicht etwa im Datum geirrt. Denn die Rebberge des Weinguts liegen nicht, wie der Namen vermuten liesse, im Zürcher Oberland, sondern bei Stellenbosch in der bekanntesten Weinregion Südafrikas. Zusammen mit seiner Frau Rosmarie produziert der 64-Jährige seit 2006 Wein. Ein Önologe und ein Kellermeister sowie periodisch ungefähr 30 Angestellte unterstützen das Ehepaar dabei. Das 28 Hektaren grosse Gut mit dem afrikaanisch-holländischen Namen Vreugdefontein, zu Deutsch Freudige Quelle, kaufte Rüst bereits 1998. Rasch sei klar gewesen, dass man einen anderen Namen wählen würde, erzählt er. Mit 2000 Flaschen begonnen Traditionellerweise heisst der produzierte Wein wie das Gut – deshalb in diesem Fall Kyburg-Wein. «Meine Frau ist in Winterberg aufgewachsen und ich in Ottikon, Kyburg war früher regelmässig Ziel von Spaziergängen», erklärt Fred Rüst die Namensgebung. Neben den schönen Erinnerungen sei Kyburg punkto Aussprache eine bewusste Entscheidung gewesen. «Kyburg kann man ohne Probleme in Englisch, Afrikaans und Deutsch aussprechen.» Fred Rüst ist ein Macher. «Ich kann jetzt, wo ich im Pensionsalter bin, nicht einfach nur meinen Hobbys nachgehen», sagt er. 2006 startete das Weingut Kyburg mit 2000 Flaschen, zwei Jahre später waren es bereits 45 000. Für den eigenen Wein verwendet Rüst lediglich ein Drittel der geernteten Trauben, «dafür aber die besten». Die anderen zwei Drittel verkauft er. «Uns geht es nicht um die Quantität, sondern um die Qualität der Trauben und des Weins.» Bald 40 Jahre Südafrika haben hörbare Spuren in der Muttersprache hinterlassen. Im 9110 Kilometer entfernten Stellenbosch spricht ein Mann ins Telefon, dessen Schweizerdeutsch einen leichten Akzent angenommen hat. Dabei war lediglich ein Aufenthalt von «ein paar Jahren» geplant gewesen, als Fred und Rosmarie Rüst Ende 1972 mit ihrem damals einjährigen Sohn nach Südafrika ausgewandert waren. Die jüngere Tochter wurde in Johannesburg geboren. Nach dem Maschineningenieurstudium arbeitete Rüst zunächst bei Sulzer in Winterthur, dann bei der G+W Maschinen AG in Pfäffikon. «Ich war jung und ungeduldig. Es ging mir zu wenig schnell vorwärts», fasst er rückblickend seine Motivation für den Auslandaufenthalt zusammen. Dass die Wahl auf Südafrika fiel, sei ein «gezielter Zufall» gewesen: Ein Stellenangebot aus den USA für mindestens fünf Jahre war ihm zu lang, Australien war industriell nicht so weit entwickelt, und in Kanada war seine Frau bereits gewesen – blieb also Südafrika. Die Wahl war für Fred Rüst in beruflicher Hinsicht ein Glückstreffer. Rasch fand er in Johannesburg eine Anstellung in einer Firma, die im Maschinen- und Anlagebausektor tätig war. Dort blieb er während 35 Jahren und machte Karriere. Über 20 Jahre war er zusammen mit zwei Partnern eigenständiger Unternehmer und verantwortlich für bis zu 500 Angestellte. Viele Arbeitsplätze schaffen «In der ersten Zeit lebten wir in einem 5-Jahres-Rhythmus», erzählt Rüst. Der mögliche Zusammenbruch des politischen Systems sei ein Risiko gewesen. Es war die Zeit der grossen Unruhen, bei denen sich die unterdrückte schwarze Bevölkerung gegen das weisse Apartheidregime auflehnte. Die Wende kam erst mit Nelson Mandela und Frederik de Klerk. Doch Rüst ist die Sorge um die Zukunft in Südafrika nicht ganz losgeworden. «Die grossen sozialen Unterschiede und die Korruption geben mir zu denken.» Er sieht es als soziale Verpflichtung, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen. In Südafrika heimisch geworden: Fred und Rosmarie Rüst auf ihrem Weingut. Foto: zvg
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