Der König der Ostschweiz
Zu Fuss Diese Woche auf den Dreikantonegipfel Säntis (AI, AR, SG) Neuerdings blogge ich. Nein, keine Routentipps – die gibt es weiterhin in der Zeitung. Eher will ich Dinge vom Rand des Wandergeschehens und aus der Wanderszene schildern. Seit Mitte August habe ich auf «Widmer Wandert Weiter» 19 Einträge verfasst: Ich habe die Quer-durch-die-Schweiz-Reportage des jungen Journalisten Florian Leu gelobt; ich habe mich geärgert, dass der SBB-Billettautomat keinen Klassenwechsel nach Wil hergab; ich habe mich dazu geäussert, dass die Landeskarten von Swisstopo neuerdings gratis im Internet abrufbar sind. Mittlerweile hat mein privater Blog regelmässige Leser. Ich bin stolz. Und damit ohne Verzug zum Säntis, dem höchsten Ostschweizer. Über ihn könnte ich eine Seite schreiben, er ist so reich an Routen und Wirtschaften wie der Pilatus oder die Rigi, er ist wie jene eine Welt. Umso mehr tut Auswahl not. Hier die Route, die auch für Schwindelanfällige machbar ist. Freilich, trittsicher muss man für sie sein und Kondition mitbringen. Ab dem Bahnstatiönchen Wasserauen sind gut 1600 Höhenmeter zu meistern. Der Anfang ist steil, aber leicht: auf der Alpstrasse hinauf zum Seealpsee. Immer wieder muss man einen Subaru-Senn vorbeilassen. Am See zeigt sich das besondere Merkmal des Alpsteins, seine Unique Selling Proposition, wie der Werber sagt: Die Berge rundum sind ungemein wild gefaltet, gebrochen, geschichtet. Sie sind Theatraliker. Zur Einkehr ist es zu früh. Am Ende des Sees muss man sich entscheiden: via Meglisalp oder via Mesmer? Diesmal sei es die Variante Mesmer. Wieder eine happige Steilstufe, dann taucht das kleine Gasthaus Mesmer auf. Es ist so urgemütlich, dass es, im Appenzeller Dialekt gesprochen, «söndschaad» (sündschade) wäre, nicht eine Gerstensuppe zu nehmen. Und weiter. Zuerst geht man noch ein wenig geradeaus, dann schliesst sich das Tal. Auf der rechten Flanke steigt man aus durch eine seilgesicherte, aber bei Trockenheit leichte Passage, keucht bald in Zickzackkehren hinauf zur Wagenlücke. Nun vereinigen sich die Mesmer-Leute wieder mit den Meglisalp-Leuten. Zusammen landet man in einer weissgrauen Wüste der Kalkschratten. Der Pfad windet sich vorbei an Dolinen, dubiosen Einsturztrichtern im Bröckelkalk, das ist aber so gut gemacht, dass keine Beklemmung aufkommen kann. Mittlerweile ist der 124 Meter hohe Sendeturm scheinbar zum Greifen nah. Er sieht in der eleganten Krümmung aus wie eine Zigarre. Dies ist der Moment, sich eine Kuriosität in Erinnerung zu rufen. Drei Kantone teilen sich den Gipfel. Der Turm steht auf St.?Galler Boden, wie auch die modernen Restaurants. Die Bahnstation wiederum ist weitestgehend Ausserrhoden. Hingegen gehören die Gipfelplattform und das Gasthaus Alter Säntis zu Innerrhoden. Einst stritten sich die Anstösser, sodass Ende des 19. Jahrhunderts das Bundesgericht die Grenzteilung verfügen musste. Die berühmte Wetterwarte übrigens steht exakt auf dem Punkt, an dem die drei Kantone sich treffen. Letzter Akt der Bergtour: den Gipfelhang hinauf in Kehren; es motiviert dabei der Anblick der Terrasse des Alten Säntis. Freilich füllt einen mit Unbehagen, dass die meisten Gäste dort von der Schwägalp her mit der Seilbahn aufgefahren sind. Man möchte ihnen sagen: Hey, probierts mal zu Fuss, ihr habt keine Ahnung, was für eine Strecke ihr verpasst! Thomas Widmer Fünf Stunden, 1600 Meter aufwärts. Empfehlenswert ist die Einkehr ungefähr zur Mitte im Mesmer, www.mesmer-ai.ch TA-Reporter Thomas Widmer stellt jede Woche eine Wanderung vor. Blog: http://widmerwandertweiter.blogspot.com Am Seealpsee. Bereits sieht man den Säntis mit seiner Antenne. Foto: T. Widmer
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