Irreführendes LabelAutos mit zu hohem CO₂-Ausstoss als klimaeffizient verkauft
Die Energieetikette zeichnet die Effizienz von Fahrzeugen aus. Doch Hunderte Modelle der besten Kategorie haben zu hohe CO₂-Werte. Nun greift der Bund ein.

Autofahrer haben die Qual der Wahl. Die Palette an Modellen ist gross, mögliche Kriterien für den Kaufentscheid gibt es viele. Eines davon ist die Energieetikette, die bei jedem Neuwagen gut sichtbar angebracht sein muss. Sie unterteilt die Autos in sieben Effizienzkategorien von A bis G, wobei A für ein energieeffizientes Fahrzeug steht, G für ein vergleichsweise ineffizientes.
Diese Unterscheidung schafft Transparenz und damit die Voraussetzung für einen (soweit das überhaupt möglich ist) energie- und umweltbewussten Autokauf. Wie sich nun aber zeigt, kann die Etikette potenzielle Käufer in die Irre führen, namentlich beim CO₂-Ausstoss. In der Kategorie A figurieren nämlich Autos, deren CO₂-Emissionen weit über dem Zielwert des Bundes pro Kilometer liegen. Der Online-Verbrauchskatalog weist rund 400 Modelle verschiedener bekannter Autohersteller aus, die über der Grenze von 118 Gramm liegen; im Extremfall weisen sie 151 Gramm auf. Das Bundesamt für Energie (BFE) bestätigt den Befund.
Zwar basiert die Energieetikette nicht auf dem CO₂-Wert, sondern auf der Energieeffizienz des betreffenden Fahrzeugs sowie der Herstellung des Treibstoffs oder des Stroms. «Gleichwohl sollte ein Käufer erwarten können, dass ein Modell der Kategorie A den CO₂-Zielwert unterschreitet», sagt BFE-Experte Christoph Schreyer. Das sei gegenwärtig nicht der Fall.
Verbrenner dominieren bei Typengenehmigungen
Wie ist das möglich? Dazu muss man zwei Dinge wissen. Zum einen: Heute berechnet das BFE die Energieeffizienz des Marktangebots an Neuwagen anhand der sogenannten Typengenehmigungen jedes Jahr neu. Zum anderen: Jede Effizienzkategorie enthält genau gleich viele dieser Typengenehmigungen. Hier beginnt das Problem.
In den Modellreihen der meisten Hersteller beziehungsweise Importeure dominieren noch immer Benzin- und Dieselautos – trotz des Booms von Autos mit alternativem Antrieb. Bei den Verbrennern gibt es vom gleichen Modell einer Automarke oft viele verschiedene Versionen, für die einzelne Typengenehmigungen erstellt werden, etwa weil die Felgen etwas grösser oder kleiner sind. Deutlich weniger Versionen des gleichen Modells gibt es dagegen bei sehr energieeffizienten Fahrzeugen, etwa Elektroautos.
«Diese Faktoren führen zu einer starken Dominanz der Verbrenner bei den Typengenehmigungen», sagt BFE-Experte Schreyer. Die Folge: Ineffiziente Autos sind bei der Einteilung in die Effizienzkategorien übervertreten. Es rutschen also Fahrzeuge in die Kategorie A, die nach Ansicht des BFE nicht dorthin gehörten.
«Das Umweltbewusstsein beim Autokauf ist in den letzten Jahren gestiegen.»
Damit soll nun Schluss sein. Das Departement von Umweltministerin Simonetta Sommaruga will die Berechnungsmethodik so anpassen, dass das Problem der Verzerrungen verschwindet und sicher keine Autos mehr in der Kategorie A sind, deren Ausstoss höher ist als der CO₂-Zielwert des Bundes. Die Neuerung soll auf den 1. Januar 2023 in Kraft treten.
Wie die Autobranche dazu steht, ist noch unklar. Die Vereinigung Auto-Schweiz taxiert das Problem der Verzerrung aber als «nicht sehr gross», wie Sprecher Christoph Wolnik sagt. «Durch die stetig steigende Zahl an Modellen mit effizienten Antrieben hätte sich das Problem auch von allein gelöst.» Bereits bei der Neueinteilung der Effizienzkategorien für 2022 habe es sich «abgemildert».
Auto-Schweiz rechnet zudem nicht damit, dass sich mit der Neuerung viel ändert, da die Energieetikette für viele Kunden keine grosse Rolle beim Autokauf spiele. Das BFE sieht das anders: «Wir erhalten immer wieder Zuschriften zum Thema», sagt Schreyer. «Das Umweltbewusstsein beim Autokauf ist in den letzten Jahren gestiegen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.