Xhaka und die lustigen Schweden
Beim Schweizer Achtelfinalgegner sind nicht alle so stilvoll, wie sie sich gern geben. Einige wollen gar die Rote Karte für Granit Xhaka provozieren.
Also, fragt der Journalist aus Schweden, der für «Aftonbladet» schreibt: «Granit Xhaka, welche Gefühle haben Sie dabei?»
Xhaka drückt konzentriert den Kopfhörer an sein Ohr, um die Frage auch gut zu verstehen. Er denkt nach, als sie zu Ende gestellt ist, und sagt dann: «Ich verstehe die Frage nicht ganz…»
Es geht um Pontus Jansson, einen Ersatzspieler der Schweden. Während des Abschlusstrainings seiner Mannschaft im St. Petersburger Stadion macht er auf der Bank den Doppeladler. Die Kollegen lachen mit ihm. Darum wird Xhaka gefragt, was er denn davon halte. Er versteht die Frage nicht, als hätte es seinen Jubel gegen Serbien nie gegeben.
Neben ihm sitzt in diesem Moment Trainer Vladimir Petkovic. Er versucht sich als Moderator und fragt in die Runde: «Habt ihr Vorschläge?» Soll heissen: Habt ihr Ideen, wie die Frage vielleicht verständlich zu stellen ist? Ein Mann von der Fifa beendet die kleine Episode, indem er freundlich um Fragen bittet, die nur im Zusammenhang mit dem Match vom Dienstag stünden.
«Man kennt Xhaka ja von der Premier League», sagt der Schwede, «da hat er viel Rot gesehen.»
Xhaka scheinen die Spieler und Boulevardkämpfer aus Schweden zu mögen. Mikael Lustig ist ein Haudegen von rechts hinten, der im Alltag für den rustikalen Fussball von Celtic Glasgow steht. Lustig geht offensiv mit der Idee um, Xhaka so weit zu provozieren, dass er die Rote Karte sieht oder zumindest die Gelbe, weil er sich dann in den Zweikämpfen nicht mehr viel erlauben könne. «Man kennt ihn ja von der Premier League», sagt der Schwede, «da hat er viel Rot gesehen.»
Provokationen gehören dazu
Ganz so oft war das zwar nicht, nur zweimal in der ersten Saison mit Arsenal und seit dem 22. Januar 2017 nie mehr. Aber der Mann von «Expressen» nimmt Lustigs Kommentar als Steilvorlage für seine Frage an Xhaka. Dieser hat davon gehört, aber es ist ihm egal: «Provokationen gehören dazu, vor dem Spiel, nach dem Spiel. Ich habe viele Sachen aus meiner Vergangenheit gelernt. Ich hoffe nicht, dass mich die Schweden vom Platz kriegen. Ich möchte so lange wie möglich da bleiben.» Petkovic sagt: «Das ist wirklich lustig.» Er schaut ganz zufrieden in die Runde.
Die Schweizer versuchen, Zuversicht zu verbreiten. Petkovic sagt: «Ich mache mir keine grossen Gedanken darüber, was war und was sein könnte. Ich will einzig dieses Spiel vorbereiten und gewinnen. Und das sollte nicht unser letztes Ziel sein.» Xhaka ergänzt: «Der Trainer hat alles gesagt.»
Die Erinnerung an den Elfmeter
Petkovic erwartet eine Aufgabe ähnlich wie viele in der zurückliegenden Qualifikation oder die am vorletzten Freitag gegen Serbien. Immer wieder war seine Mannschaft gefordert, das Spiel zu machen. Er weiss, sie braucht Geduld, sie muss die Zweikämpfe annehmen und «präventive Defensivarbeit» verrichten, um auf schwedische Konter vorbereitet zu sein. Und noch eines weiss er: «Wir müssen in der Offensive noch konkreter werden. Wir werden nicht viele Chancen bekommen.» Offenbar schwankt er noch, wen er ganz vorn aufstellen will: Seferovic oder Drmic.
Xhaka war 2014 dabei und 2016, als die Schweizer bereits Achtelfinals verloren. An der WM musste er noch auf die Seite ausweichen, weil die Plätze im Zentrum von Inler und Behrami besetzt waren, an der EM war er der unbestrittene Chef, der das Pech hatte, mit seinem Fehlversuch die Niederlage im Elfmeterschiessen gegen Polen zu verschulden.
Ob er noch daran denke, an diesen Tag in St-Etienne, wird er gefragt. «Was heisst daran denken? Ich kann normal schlafen. Wenn ich die Elfmeterschiessen von Spanien und Kroatien sehe, kommen die Gedanken sicher hoch.» Aber er macht sich keine Sorgen. Er hofft, dass das Spiel nach 90 oder 120 Minuten gewonnen ist. Und wenn nicht, dann erinnert er an seine Worte von 2016: «Ich habe schon damals gesagt: Wenn es wieder so weit kommt, übernehme ich wieder die Verantwortung. Ich werde den Trainer jedenfalls fragen, ob ich wieder schiessen darf.»
Petkovic klopft Xhaka verbal auf die Schultern: «Wir brauchen solche Typen.»
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