
Es sind oft Dinge, die für normale Steuerzahlende unendlich kompliziert klingen, die der Bund über das Beschaffungsportal der öffentlichen Hand bestellt. Zum Beispiel schrieb das Bundesamt für Rüstung vor wenigen Tagen «Unterhalt und Erweiterung Communication and Information Systems Laboratories» über diesen Kanal aus. Die Personen, die das verstehen, dürften sich an zwei Händen abzählen lassen.
Gut für die gefühlte Nähe zwischen Verwaltung und Subjekten ist deswegen, dass auch ganz irdische Dinge angeschafft werden: So hat nämlich das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) vergangenen Freitag einen Auftrag über maximal 3,5 Millionen Rollen «Toilettenpapier 3-lagig» ausgeschrieben. Es soll aus ökologischen Gründen zu 100 Prozent aus Altpapier hergestellt sein.
Milizler geniessen bessere Behandlung
Allerdings ist mit der auf den ersten Blick simplen Ausschreibung eine Menge politischer Zündstoff verknüpft: Das BBL schreibt nämlich zusätzlich 60’000 Rollen «Toilettenpapier 3-lagig, 100% Zellstoff hochweiss» aus. Diese sind teurer und angenehmer zu benutzen als jene aus rezykliertem Altpapier. Das lässt nur einen Schluss zu: In Bundesbern sind einige Sitzungen wichtiger als andere.
Das BBL klärt auf Anfrage auf, dass das keine Neuerung sei, sondern schon seit Jahren so gehandhabt werde – bisherige Lieferantin sei die Firma Cartaseta in Gretzenbach SO. «Die qualitativ hochwertigeren Produkte aus Zellstoff» würden vor allem im Parlamentsgebäude eingesetzt, der Rest sei dagegen für die Versorgung der Bundesverwaltung in der ganzen Schweiz bestimmt.
Das ist insofern bemerkenswert, als hier Volksvertretern im Miliznebenamt eine bessere Behandlung zuteilwird als Vollzeitangestellten der Verwaltung. Vor allem aber ging man bisher gemeinhin davon aus, dass eine Wahl in den Bundesrat für National- oder Ständeräte einen Aufstieg bedeutet. Erhärtet wurde dieser Eindruck jüngst diese Woche, als der Bundesrat die Parlamentarier in der Causa Credit Suisse zu Statisten degradierte.
Zumindest in Sachen Komfort am stillen Örtchen sind die Hierarchien aber offensichtlich anders gelagert, sind doch die Departemente der Bundesräte ausserhalb des Parlamentsgebäudes untergebracht.
Qualitätsverbesserung, um Verbrauch zu senken
Doch gibt es eine Ausnahme: So kommt das höherwertige Toilettenpapier auch im Bernerhof zwei Gehminuten vom Bundeshaus entfernt zum Einsatz. Dort arbeitet die neue Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Welche Rolle der gehobene Komfort am neuen Arbeitsort dabei gespielt hat, dass sie im vergangenen Spätherbst auf einen Departementswechsel gedrängt haben soll, ist nicht bekannt.
Bevor die sowieso schon als schlecht beschriebene Stimmung im Bundesrat wegen allfälligen Geschmeidigkeits-Neids allerdings weiter erodiert, sei gesagt: Erstens wurde das günstigere Erzeugnis im Gegensatz zum Luxusprodukt mit der aktuellen Bestellung aufgewertet. War es bis anhin nur zwei- statt dreilagig, fällt es neu nur bezüglich des Materials ab. Das BBL begründet das so: «Mit dieser qualitativen Anpassung sollte sich der Verbrauch mengenmässig verringern.»

Zweitens wird der Bernerhof nicht deshalb besser ausgestattet, weil das Finanzdepartement von der Verwaltung als das wichtigste angesehen wird – selbst wenn dort vor einem Monat an einem einzigen Wochenende eine globale Finanzkrise verhindert wurde. Vielmehr ist der Grund, so erklärt das BBL, dass im Bernerhof jeweils Empfänge oder Staatsbesuche stattfinden.
Von einer glücklichen Fügung zu sprechen, dass gerade die Unterbringung des Finanzdepartements über derlei Annehmlichkeiten zu Repräsentationszwecken verfügt, ist dabei untertrieben: Man will sich nicht ausmalen, wie ernst die feinen Herren aus der Hochfinanz, die vom Paradeplatz eher vierlagige Qualität und aufwärts gewohnt sein dürften, die Eidgenossenschaft als Verhandlungspartnerin andernfalls genommen hätten.
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Glosse über WC-Papier – Wo in Bundesbern die wichtigsten Sitzungen stattfinden
Die Verwaltung bestellt Hygieneprodukte. Damit liefert sie einen überraschenden Hinweis auf die politische Hierarchie im Land.