Wo der Bär nicht tanzt
Den Tag der Musik begeht die Stadt Bern mit über dreissig Konzerten an zehn Standorten in der Innenstadt. Doch ein Fest sieht anders aus.
Vegitopf mit Treberwurst oder Sushi auf Sauerkraut – etwa so abenteuerlich kommt das Programm des Musikfests daher, das, mit der Absicht, den Geschmack eines möglichst breiten Publikums zu befriedigen, an verschiedenen Standorten einen bunten Mix von Stilrichtungen präsentiert.
Auf den ersten Blick überwiegen Blasmusik und Klassik. Daneben ein paar Formationen der musikalischen Randsportarten. «Faites de la musique – Macht Musik!»
Das ist ein gutes Motto. Ob es für ein Fest genügt? Schliesslich funktioniert das Wortspiel nur auf Französisch, und für den Gaumen gibt es gar nichts, keine Festwirtschaft, keine Essensstände.
Grosse Ambitionen
Die samstägliche Stadt ist belebt – wie jeden Samstag. Aber wo spielt die Musik? Beispielsweise um 16 Uhr auf dem Waisenhausplatz. Auf der Bühne steht verloren eine junge Frau. Erzählt etwas. Das Mikrofon ist viel zu leise eingestellt, als dass man sie verstehen könnte.
Knapp zwanzig der unter den Sonnenschirmen aufgestellten Stühle sind besetzt. Musik erklingt. Aber nicht die Art Musik, die einen mitreisst oder stehen bleiben lässt. Am Stand bekommt man ein Programm in die Hand gedrückt.
Auf der Münsterplattform und im Bärengraben wird demnach gleichzeitig ebenfalls aufgespielt. Also nichts wie hin. Im Vorbeigehen sieht man auf dem Kornhausplatz etwas müde eine orangefarbene Fahne flattern. Sonst deutet gar nichts auf ein Fest hin.
Sparsam präsentiert
Aus der Ferne ist dann von der Pläfe her der «Berner Marsch» zu vernehmen. Die letzten Takte. «Träm träm träderidii.» Das wars auch schon, obwohl das Konzert erst eine halbe Stunde vorher begonnen hat.
Dann halt auf zum Bärengraben. Doch da tanzt der Bär schon nicht mehr. Der Mann mit dem Cellokasten an der Bushaltestelle ist das einzige Anzeichen dafür, dass hier die Musik gespielt hat.
An Tischen unter der schattigen Laube ist es ungleich viel unterhaltsamer. Hier wird gelacht, diskutiert und – getrunken. Zu einem Fest gehört wohl doch etwas mehr als nur Musik.
Bleibt noch die Hoffnung auf den Bundesplatz. Feststimmung herrscht jedoch auch hier nicht. Das grosse Publikum fehlt, und das kleine erfreut sich am Wasserspiel. Langsam meldet sich der Hunger. Man findet einen Platz zum Essen und entscheidet sich für Vitello tonnato.
Da weiss man, was man hat. Und erkennt: «C'est vraiment le thon, qui fait la musique», oder: Weniger kann mehr sein. In dieser Hinsicht müssen die Veranstalter noch einmal über die Bücher beziehungsweise über die Partitur. Ein Fest sieht anders aus.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch