Wie Banker ihre berufliche Fitness bewahren können
Eine Online-Selbsteinschätzung ermöglicht Bankmitarbeitenden, ihre Grundkompetenzen zu testen. Was erste Erfahrungen zeigen.

Die Bankmitarbeitenden bekommen es fast täglich zu hören, und sie erleben es, wo und in welcher Funktion sie auch tätig sind: Ihr Umfeld ist gerade jetzt einem besonders raschen und radikalen Wandel unterworfen. Dafür sorgen veränderte Verhaltensweisen und Wünsche der Kunden ebenso wie neue Arbeits- und Kommunikationsmittel – und die alles durchdringende Digitalisierung droht gar das Geschäftsmodell herkömmlicher Kreditinstitute auszuhebeln.
Wie kann ich als Mitarbeitende(r) mit diesen Entwicklungen Schritt halten? Auf welche Kompetenzen und Fähigkeiten kommt es heute an? Wo liegen die individuellen Schwächen, an denen ich besonders arbeiten muss? Etliche Beschäftigte dürften sich solche Fragen schon gestellt haben. Eine befriedigende Antwort haben wohl nur die wenigsten bekommen. Es fällt ja nicht einfach, über eigene Unzulänglichkeiten offen zu sprechen, schon gar nicht mit Vorgesetzten.
80 Fragen zur Selbsteinschätzung
Seit kurzem bietet sich den rund 100'000 Bankmitarbeitenden hierzulande (und anderen Interessierten) die Möglichkeit, in Eigenregie eine Standortbestimmung vorzunehmen. Zu diesem Zweck ist nun eine Online-Selbstevaluation in Betrieb. Sie wiederum steht im Zentrum der nationalen Kampagne «skillaware», welche die Sozialpartner des Bankensektors – Arbeitgeber Banken, Schweizerischer Bankpersonalverband und Kaufmännischer Verband – gemeinsam lanciert haben.
Die anonyme Selbstevaluation, mittels eines Fragebogens, soll den Mitarbeitenden eröffnen, «welche Grundkompetenzen im Banking heute und morgen gefragt sind und wie fit sie in diesen sind», sagt Denise Chervet, Geschäftsführerin des Bankpersonalverbands. Insgesamt wurden 16 Grundkompetenzen definiert, die laut Chervet als «minimale Grundfitness» zu verstehen seien. Sie reichen von Eigenverantwortung und Belastbarkeit über Kundenorientierung, Arbeitsgestaltung und Teamfähigkeit bis zu digitalen Kompetenzen.
Wie Balz Stückelberger, Geschäftsführer bei Arbeitgeber Banken, herausstreicht, ergibt sich aus der Beantwortung der insgesamt 80 Fragen «keine objektive Analyse der Fähigkeiten». Es gehe nicht um eine Bewertung oder Qualifikation. «Vielmehr handelt es sich um eine persönliche Selbsteinschätzung der Kompetenzen, die zum Nachdenken anregen soll.»
Über Erwarten gute Resonanz
Die Kampagne der Sozialpartner, die erst mal bis Ende Jahr dauern soll, hat denn auch das primäre Ziel. die Bankmitarbeitenden zu sensibilisieren. «Wir wollen unter den Angestellten das Bewusstsein fördern, sich mit den eigenen Kompetenzen auseinanderzusetzen», sagt Christian Zünd, Chef des Kaufmännischen Verbands. «Dies unabhängig davon, in welchem Fachgebiet sie tätig sind und welche Ausbildung sie absolviert haben.» Für alle, so Zünd, gehe es darum, inmitten eines technologischen, wirtschaftlichen und demografischen Wandels die Arbeitsmarktfähigkeit zu sichern.
Seit dem Kampagnenstart am 5. September haben rund 2340 Personen die Selbstevaluation durchgeführt. «Die Zahl übertrifft unsere Erwartungen», sagt Franca Burkhardt, die das Projekt leitet. «Offenkundig haben viele Leute den Wunsch nach Orientierung.»
Was erste Auswertungen und Rückmeldungen aber auch ergeben haben: «Viele Leute haben mit ihrem Stolz zu kämpfen», wie es Burkhardt formuliert. Sie meint damit den Umstand, dass die persönlichen Bewertungen der Teilnehmenden oft zu positiv ausgefallen sind. Was für Mitarbeitende, die bei Banken in einer ausgeprägten Leistungskultur tätig sind, kaum überraschend sei. Fälschlicherweise wähnen sie sich beim Abarbeiten der Fragen in einer Prüfungssituation, in der es um ein möglichst gutes Abschneiden geht.
«Neues Kapitel in der Sozialpartnerschaft»
Burkhardt empfiehlt daher, den Fragebogen mindestens ein zweites Mal auszufüllen. «Beim ersten Durchgang fehlt es noch vielfach an der nötigen Selbstreflexion», erklärt die Projektleiterin. «Wenn man sich die Zeit nimmt, die Evaluation zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen, fallen die Ergebnisse meist realistischer und ehrlicher aus.»
Und was können die Bankmitarbeitenden mit ihrer Selbsteinschätzung anfangen? Das ist ganz ihnen überlassen. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und allenfalls geeignete Anschlussmassnahmen vereinbaren. Oder einen externen Laufbahnberater oder eine -beraterin beiziehen, mit ihm oder ihr das Ergebnis einordnen und das weitere Vorgehen besprechen (für Mitglieder des Kaufmännischen Verbands und des Bankpersonalverbands ist diese Dienstleistung kostenlos).
Nicht ohne Stolz lassen die Banken-Sozialpartner durchblicken, dass sie mit ihrem «skillaware»-Projekt «landesweite Pionierarbeit» geleistet hätten. Erstmals hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam einen Prozess angestossen in der Absicht, die Beschäftigten in einer Schweizer Kernbranche arbeitsmarktfähig zu erhalten, sagt Arbeitgeber-Vertreter Stückelberger. «Wir haben damit ein neues Kapitel in unserer Sozialpartnerschaft aufgeschlagen.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch