Pilloud soll verhärtete Fronten in ÖV-Branche aufweichen
Jeannine Pilloud gibt die Leitung des Personenverkehrs ab. Statt um das Kerngeschäft der SBB soll sie sich um die Branchenprobleme kümmern.
Sie ist auch schon als mögliche neue SBB-Chefin gehandelt worden, ist doch Andreas Meyer nunmehr seit zehn Jahren auf dem Posten. Doch jetzt gibt Jeannine Pilloud (54) die zweitwichtigste Aufgabe bei dem Bahnunternehmen, die Leitung des Personenverkehrs, ab. Statt 14'000 Angestellte zu führen, erhält sie den neuen Posten «SBB-Delegierte für ÖV-Branchenentwicklung».
Welche Folgen dieser überraschende Schritt für Pillouds Aussichten auf den Chefposten mittelfristig hat, war am Dienstag schwierig zu beurteilen. Die SBB begründen die neue Spezialaufgabe mit der enorm gestiegenen Dynamik im Wettbewerb und in der Regulation. Dies binde viele Kräfte. Daher sollen zentrale Branchenthemen separat angegangen werden.
Pilloud soll sich also um den Streit mit der BLS über das Monopol im Fernverkehr kümmern. Um die heranrollenden Fernbusse ebenso wie um die Marktöffnung im internationalen Personenverkehr oder die möglich, Freigabe von Bahnbillettverkäufen durch Nicht-ÖV-Unternehmen wie Amazon.
Konsens gesucht
Insbesondere im Streit um den gewinnträchtigen Fernverkehr hat SBB-Chef Meyer eine unversöhnliche Stellung eingenommen. Er kämpft bislang resolut dafür, dass die SBB das Monopol behalten können.
Meyer persönlich habe einen Konsens mit der BLS verhindert, hiess es in der Branche. Auch in anderen Fragen gilt Meyer als Platzhirsch mit wenig Gehör für die vielen kleineren ÖV-Unternehmen der Schweiz. Der Bundesrat berief ihn kürzlich als Präsidenten von SBB Cargo ab.
Der Streit um den Fernverkehr eskalierte, als die SBB der BLS ein Angebot machten: Wenn die Berner auf Konzessionen im Fernverkehr verzichten, könnten sie einige Regioexpress-Linien im Auftrag der SBB fahren und eine SBB-Werkstatt in Biel mitnutzen, statt selber die umstrittene Werkstätte Chliforst im Westen von Bern zu bauen.
Einige Berner werteten dies als Erpressung. Lanciert worden war das Angebot im Intranet der SBB im Namen von Toni Häne, dem Leiter Verkehr. Just dieser Mann wird nun Nachfolger von Pilloud, der ersten Frau in der Konzernleitung. Für den 62-jährigen Häne ist die Leitung des gesamten Personenverkehrs die Krönung der Karriere. Er arbeitet seit 46 Jahren für die SBB und wird nun Mitglied der Konzernleitung. Häne sieht eine starke Bahn mit grosser Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit als am besten gerüstet für mehr Konkurrenz.
Während Häne intern die Verantwortung des Kerngeschäfts übernimmt, soll Pilloud extern die verhärteten Fronten aufweichen. Der Personalverband Transfair wertet den Schritt denn auch als Beförderung von Pilloud. Für den zuständigen Branchenleiter Bruno Zeller ist es ein richtiges und wichtiges Zeichen: «Die SBB müssen jetzt die Weichen stellen. Nur so wird es gelingen, Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Schweiz zu behalten.» Gerne sieht Transfair, dass die SBB auf gleich lange Spiesse pochen. Dazu gehören anständige Löhne und ein guter sozialer Schutz auch für das Personal von Fernbussen.
Von Meyer ernannt
Allerdings hat Pilloud auf der Suche nach mehr Branchenkonsens nicht freie Hand. Sie rapportiert direkt an Andreas Meyer, ist ihm also unterstellt. Zum Salär für Pilloud auf dem neuen Posten äussern sich die SBB nicht. Sie werde auch externe Verwaltungsratsmandate übernehmen.
Das soll aber nicht der Anfang vom unfreiwilligen Abgang sein: Pilloud betont, sie freue sich, sich auf die Weichenstellungen in der ÖV-Branche zu konzentrieren und mitzugestalten. Ist sie erfolgreich, könnte sie später doch wieder Anwärterin auf den SBB-Chefposten sein.
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