Klageflut gegen Swiss-Life-Firma AWD
Der Allfinanzvertrieb AWD und dessen Gründer und Ex-Swiss-Life-Verwaltungsrat Carsten Maschmeyer stecken in Rechtsstreitigkeiten. Deutsche und österreichische Kunden fordern rund 200 Millionen Euro.
Der Gründer des deutschen Allfinanzvertriebs AWD, Carsten Maschmeyer, hat vergangene Woche den Verwaltungsrat des Schweizer Lebensversicherers Swiss Life abrupt verlassen. «Ich möchte mit diesem Entschluss den unberechtigten Angriffen auf meine Person und auf AWD den Boden entziehen», sagte Maschmeyer, der gleichzeitig einen Teil seiner Swiss-Life-Aktien verkaufte. Hintergrund des Rückzugs des 52-jährigen Unternehmers ist der Umstand, dass sich die AWD-Eigentümerin Swiss Life mit Klagen von Kunden aus Deutschland und Österreich konfrontiert sieht, wie die «Handelszeitung» berichtet. Mit den Klagen verbunden sind Forderungen von rund 200 Millionen Euro.
Doch AWD droht noch mehr Ungemach: Die österreichische Konsumentenorganisation VKI erstattete eine Strafanzeige gegen Maschmeyer und 19 weitere Personen. Dabei handelt es sich um ehemalige und aktuelle AWD-Manager. Die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf schweren gewerbsmässigen Betrug. Gemäss den Recherchen der «Handelszeitung» betreffen die Ermittlungen unter anderem ein aktuelles Mitglied der Geschäftsleitung von Baloise Schweiz, das in leitender Stellung bei AWD Österreich tätig gewesen war. In Österreich sollen AWD-Kunden systematisch fehlerhaft beraten worden sein. So seien sie zum Beispiel zu wenig über die Risiken von Immobilienaktien aufgeklärt worden. In ihrer Klage fordert die Konsumentenorganisation VKI rund 40 Millionen Euro.
AWD soll zu hohe Provisionen kassiert haben
In Deutschland werfen weit über 1000 Kunden AWD vor, über eine Tochterfirma überhöhte Provisionen für Fondsgeschäfte kassiert zu haben. Beim Verkauf geschlossener Fonds in der Zeit um den Börsengang im Jahr 2000 seien mehr als 15 Prozent an Provision genommen worden. Darüber hätte AWD seine Kunden aufklären müssen, berichtete das ARD-Magazin «Panorama» bereits vor zwei Wochen. Dabei stützte sich «Panorama» auf Insiderinformationen von früheren Top-Managern von AWD. Auch in Deutschland wird die angeblich mangelhafte Beratung von AWD-Verkäufern kritisiert. Die Rückforderungen belaufen sich auf 150 bis 160 Millionen Euro. Der Grossteil der Vorwürfe betrifft die Jahre 1999 bis 2008, also den Zeitraum vor der Übernahme von AWD durch Swiss Life.
Die Klagen und Ermittlungen gegen AWD betreffen denn auch nicht direkt den Schweizer Lebensversicherer, sondern die Ländergesellschaften des Allfinanzvertriebs in Österreich und Deutschland. AWD widerspricht den Anschuldigungen. Als Mutterfirma von AWD weist auch Swiss Life die Vorwürfe entschieden zurück. Gemäss «Handelszeitung» vertritt Swiss Life den Standpunkt, dass bei der AWD keine systematische Fehlberatung von Kunden stattgefunden habe. Man sei allerdings bereit, Einzelfälle separat zu prüfen.
Swiss Life übernahm AWD zu überteuertem Preis
Swiss Life hatte AWD 2008 für 1,2 Milliarden Euro gekauft und kämpft seither damit, die Geschäfte des von der Finanzkrise stark getroffenen Finanzvertriebs wieder in Schwung zu bringen. Im Nachhinein erwies sich der Preis, für den Swiss Life AWD übernommen hatte, als überzogen. In der Finanzkrise rutschte AWD tief in die roten Zahlen.
Ob Swiss Life eine Abschreibung auf AWD vornehmen wird, ist weiterhin offen. Zwar bekräftigte Verwaltungsratspräsident Rolf Dörig erst jüngst in einem Zeitungsinterview die Werthaltigkeit der Vertriebstochter. Nach dem Ausscheiden von Maschmeyer könnte das Management AWD allerdings genauer unter die Lupe nehmen. Grundsätzlich begrüssten Analysten, dass sich der AWD-Gründer aus dem Verwaltungsrat von Swiss Life zurückgezogen hat. Maschmeyer war aufgrund der Rechtsstreitigkeiten in Deutschland und Österreich zu einer Belastung für den Schweizer Lebensversicherer geworden.
Artikel mit Material der Nachrichtenagenturen SDA, DAPD und AFP.
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