Gisel und die 800'000 Franken
Wie viel der Noch-Raiffeisen-Chef für sein letztes Jahr bekommt, ist entschieden, aber noch nicht bekannt.

Sieben Rücktritte aus dem Verwaltungsrat, und jetzt geht auf Ende Jahr auch noch der Konzernchef: Die Führung der Raiffeisenbank hat sich in den letzten sechs Monaten komplett verändert. Aktuell sitzen im Verwaltungsrat der Genossenschaftsbank sieben Mitglieder. Einer von ihnen ist Interimspräsident Pascal Gantenbein, drei Mitglieder werden noch diesen Herbst ausscheiden, und zwei gehören erst seit Juni dem Gremium an.
Gerade diese zwei neuen Mitglieder – Unternehmer Thomas Rauber und Wirtschaftsprüfer Rolf Walker – spielen eine wichtige Rolle. Sie sitzen im Nominations- und Vergütungsausschuss. Dadurch haben sie grossen Einfluss bei zwei bedeutenden Geschäften: der neuen Zusammensetzung der Unternehmensführung und der Entlöhnung der Chefetage. Das dritte Mitglied des Ausschusses, Philippe Moeschinger, gehört zu denen, die den Verwaltungsrat noch dieses Jahr verlassen.
Lohn basiert auf Leistung
Zumindest ein wichtiger Entscheid wurde schon gefällt: Jener über Patrik Gisels Salär für das Geschäftsjahr 2018, wie Banksprecherin Cécile Bachmann sagt. Über die getroffene Austrittsvereinbarung gebe Raiffeisen aber keine Auskunft. Eine Abgangsentschädigung erhalte Gisel nicht.

2017 verdiente Gisel 1,8 Millionen Franken. Das Salär setzt sich aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammen. Dazu kam ein Beitrag an die Personalvorsorge und die Sozialversicherungen von 602'000 Franken. Wie hoch der Anteil des Fixlohns und wie hoch der variable Anteil ist, gibt Raiffeisen nicht bekannt. Ihr Reglement legt fest, dass der Fixlohn 1,2 Millionen Franken nicht übersteigen und der variable Teil maximal zwei Drittel davon ausmachen darf – also 800'000 Franken. Gisel darf darum höchstens 2 Millionen Franken verdienen, ohne Personalvorsorge- und Sozialversicherungsbeiträge.
Damit bekommt er ähnlich viel Lohn wie Martin Scholl, Chef der Zürcher Kantonalbank, der letztes Jahr 1,9 Millionen Franken verdiente. Von den Lohn-Sphären des Credit-Suisse-Chefs Tidjane Thiam sind die beiden weit entfernt: Er erhielt 2017 rund 9,7 Millionen Franken.
Die Höhe des Lohns hängt auch davon ab, wie Gisel vom Verwaltungsrat bewertet wird.
Die fixe Vergütung hängt laut Raiffeisen unter anderem von der Funktion und den Fähigkeiten ab. Die variable Vergütung soll auf dem nachhaltigen Erfolg der Gruppe beruhen, aber auch auf der Leistungsbeurteilung des einzelnen Mitarbeiters. Konkret: Wie hoch Gisels Lohn für 2018 ausfällt, hängt auch vom Urteil ab, das der Verwaltungsrat über seine Arbeit fällt.
Das sei «eine heikle Angelegenheit», sagt der Vergütungsexperte Urs Klingler. Einerseits betone die Bank in der Medienmitteilung zu Gisels Rücktritt, dass er einen guten Job gemacht habe. Verwaltungsratspräsident Gantenbein bedankt sich für dessen «hervorragendes Engagement für die ganze Bankengruppe». Gisel habe Raiffeisen in den letzten drei Jahren «umsichtig und sehr erfolgreich geführt». Andererseits begründet Gisel selbst seinen Abgang damit, dass er die Reputation von Raiffeisen schützen wolle. Für Urs Klingler wäre das Grund genug, ihm den variablen Teil des Lohns zu streichen – im Extremfall wären das also 800'000 Franken.
Das berge allerdings Gefahren. Kürze Raiffeisen den variablen Anteil, «war Gisels Leistung intern offenbar doch umstritten», sagt Klingler. Behalte sie ihn hingegen bei, drohe ähnliche Entrüstung, wie sie im April ausbrach. Damals wurde bekannt, dass sich der Verwaltungsrat 2017 trotz der tiefen Krise, in der die Bank steckt, 44?Prozent mehr Lohn zusprach. «Fällt Gisels Lohn für 2018 zu hoch aus, wird weiterhin auf ihn und die Bank geschossen», sagt Klingler. «Hier eine argumentative Lösung zu finden, ist sehr schwierig.»
Personalentscheide wichtiger als die Lohnfrage
Noch gewichtiger als die Lohnfrage sind die Personalentscheide, die in den nächsten Monaten anstehen. An der ausserordentlichen Delegiertenversammlung im November werden vier neue Verwaltungsräte und ein Präsident für das Gremium gewählt. Auch hier spielen Rauber und Walker eine entscheidende Rolle. Viel Erfahrung bei solchen Besetzungen scheinen sie nicht zu haben. Rolf Walker war bis vor kurzem Partner des Beratungsunternehmens Ernst & Young. Thomas Rauber ist Geschäftsführer einer privaten Beteiligungsgesellschaft. Immerhin erhalten sie Unterstützung von einem Personalvermittler. Auch ein Gremium von Regionalverbandspräsidenten darf mitreden.
Ein namhafter Headhunter erwartet, dass Raiffeisen zunächst einen neuen Präsidenten sucht, bevor ein neuer Konzernchef ernannt wird. Schliesslich wolle jeder potenzielle Präsident den CEO mitbestimmen. Zudem wäre alles andere ein schlechtes Signal: Sei der Konzernchef zuerst da, bestehe das Risiko, dass er zur dominanten Figur werde.
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