Postauto-Chauffeure haften beim zweiten Unfall
Die Post hat die Regeln vereinheitlicht, wann die Postautochauffeure für den Schaden eines Unfalls aufkommen müssen. Im schlimmsten Fall werden für einen Chauffeur drei Monatslöhne fällig.

Es ist eine alte Streitfrage zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern: Wann muss der Angestellte für einen Schaden aufkommen, den er bei der Arbeit angerichtet hat? Bei der Posttochter Postauto wurden Schäden bislang nach dem Ermessen des Vorgesetzten geregelt.
Doch nun hat die Postautospitze die Praxis vereinheitlicht. Zumindest auf dem Papier: «Standardisierung Schadenmanagement bei Postauto» lautet der Titel des Regelwerks, das seit Anfang Mai gilt. Dieses ist einigen Postautochauffeuren sauer aufgestossen.
«Das Dokument ist im Kopf eines Schreibtischtäters entstanden», sagt ein Fahrer, der anonym bleiben will. «Mit dem schriftlich festgehaltenen Schadenmanagement schafft die Post Klarheit und Sicherheit für alle Beteiligten», erklärt Postautosprecherin Valérie Gerl dagegen das Ziel des neuen Dokuments.
Fahrer soll die Hälfte bezahlen
Die Postautochauffeure erachten das Dokument als Misstrauensvotum. Vor allem stören sie sich daran, dass sie beim zweiten Unfall, den sie grobfahrlässig verursachen, für den Schaden aufkommen müssen. Die Haftungssumme wird im Regelwerk auf die Hälfte des Schadens festgelegt. «Der maximale Haftungsbetrag beträgt drei Monatslöhne», heisst es im Papier weiter.
Der erwähnte Postautochauffeur kann nicht verstehen, dass den Fahrern, die «frühmorgens, spätabends oder am Wochenende pflichtbewusst und topmotiviert» ihren Job machen, «schon beim zweiten Missgeschick eine Lohneinbusse von bis zu 15'000 Franken droht».
Was ist grobfahrlässig?
Unter den Chauffeuren herrscht ein Misstrauen gegenüber ihrer Arbeitgeberin. «Seien wir ehrlich: Postauto wird wohl schon bei der kleinsten Unachtsamkeit Fahrlässigkeit unterstellen», so der Postautochauffeur. Für Postauto betont Sprecherin Valérie Gerl, dass sich an der bisherigen Praxis nichts ändern werde. Sie verspricht: «Die Post nimmt nur bei zweifelsfrei grober Fahrlässigkeit Regress bei den Arbeitnehmern. Daran hat sich nichts geändert.»
Wie immer bei Regelwerken wird die Auslegung entscheidend sein. Die Postautofahrer werden genau verfolgen, in welchen Fällen ihre Arbeitgeberin einen Unfall als «grobfahrlässig verursacht» taxieren wird. Bei der Ziehung der Trennlinie zwischen fahrlässig und grobfahrlässig hat Postauto einen grossen Ermessensspielraum.
Die Gewerkschaft Syndicom hält sich schon mal bereit: «Sollte diese Regelung vermehrt angewendet werden und der Verdacht entstehen, dass damit das Risiko auf die Arbeitnehmenden abgewälzt werden soll, dann wären wir gezwungen, entsprechend zu intervenieren», sagt Syndicom-Sprecher Christian Capacoel.
Schäden von acht Millionen
Das Dokument soll laut Postauto auch dazu dienen, die Zahl der Schadenfälle zu reduzieren. Hier scheint Postauto sich auf dem richtigen Weg zu befinden: Trotz 10 Prozent mehr Personenkilometern sank die Zahl der Schadenfälle innerhalb von vier Jahren von 2898 auf 2603 Fälle im Jahr 2016. Die Schadensumme blieb konstant bei rund acht Millionen Franken.
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