Politiker lassen Hoteliers hoffen
Die weltweit grösste Online-Hotelbuchungsplattform Booking.com schickte eigens den Europa-Chef von Holland ins Bundeshaus. Dort sollte er die umstrittenen «Knebelverträge» seines Portals verteidigen. Es half nichts.

Da soll noch einer sagen, die kleine Schweiz spiele für die Grossen des Internet keine Rolle. Im Januar reiste ein hoher Gast von Amsterdam nach Bern, um an einer Sitzung der Wirtschaftskommission des Ständerats teilzunehmen. Mit der Suche nach einem Hotel hatte er wohl kein Problem: Zu Gast im Bundeshaus war Peter Verhoeven, der bei Booking.com, der grössten Hotelbuchungsplattform im Internet, als Chef für Europa, den Mittleren Osten und Afrika tätig ist.
Booking.com ist ein Gigant. Täglich werden über das Portal 1,2 Millionen Übernachtungen gebucht. In der Schweiz wickelt Booking.com 70 Prozent der Onlinereservationen ab.
«Knebelvertrag»
Verhoevens Reise nach Bern unterstreicht, dass für seine Firma viel auf dem Spiel steht. Die Hotelvermittler sind in Sorge wegen eines Vorstosses des Solothurner Ständerats Pirmin Bischof (CVP).
Er will Booking.com eine Vertragsklausel verbieten, die offiziell «enge Preisparitätsklausel» heisst, während Bischof schlicht von einem «Knebelvertrag» spricht. Die Klausel engt den Spielraum der Hotels ein, die ihre Zimmer auf dem Buchungsportal anbieten wollen: Sie dürfen auf ihrer eigenen Internetseite keine Preise anbieten, die tiefer sind als jene auf Booking.com.
Der Verband der Hoteliers wehrt sich seit Jahren gegen diese Klausel. Aus seiner Sicht nutzt das Portal seine Marktmacht aus im Wissen, dass die Hotels auf Booking.com gar nicht mehr verzichten können. Das Motiv der Hoteliers ist klar: Sie möchten möglichst viele Buchungen selber abschliessen, da sie dann den ganzen Preis erhalten. Wenn ein Gast hingegen via Booking.com bucht, erhält das Portal eine Kommission. Nach Angaben der Branche kassiert Booking.com in der Regel 12 bis 15 Prozent des Preises.
Das Malaise von Booking.ch
Für Booking.com sieht das Ganze anders aus: Falls die Klausel fällt, stellt dies das Geschäftsmodell des Portals infrage. Wenn sich herumspricht, dass die Zimmer auf hoteleigenen Internetseiten billiger sind, untergräbt dies die Stellung von Booking.com. Viele Kunden würden das Portal wohl nur noch besuchen, um das passende Hotel zu finden, und danach direkt dort buchen.
Im Fall der Schweiz kann das Portal auch auf eine Untersuchung der Wettbewerbskommission verweisen: Sie fand 2015 zwar «starke Indizien» für eine marktbeherrschende Stellung des Portals. Einen Missbrauch konnte sie aber nicht erkennen.
So ähnlich dürfte Booking-Chef Verhoeven vor den Ständeräten argumentiert haben. Teilnehmer der Sitzung attestieren ihm einen guten Auftritt, viel genützt hat es aber nicht. Mit 9 gegen 1 Stimme sprach sich die Kommission unerwartet deutlich im Sinne der Hoteliers aus. Ein wichtiges Argument war, dass alle Nachbarländer diese Klausel bereits verboten haben oder dies planen. Wenn die Schweiz nicht nachzieht, führt dies aus Sicht der Mehrheit zu einer weiteren Benachteiligung gegenüber der Konkurrenz im nahen Ausland.
Problem hochstilisiert?
Gegen solche Argumente hatte auch der Bundesrat keine Chance. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP) wehrte sich gemeinsam mit dem Booking-Chef gegen das Verbot. Aus Sicht des Bundesrats darf man das Problem nicht überschätzen: Die meisten Buchungen – laut Hotelleriesuisse etwa 75 Prozent – werden immer noch direkt bei den Hotels getätigt. Zudem gelte die umstrittene Klausel nur im Internet.
Am Telefon hingegen sind die Hoteliers bei der Preisgestaltung frei. Ganz grundsätzlich sprach sich der Bundesrat gerade im Bereich der digitalen Wirtschaft gegen zu viel gesetzgeberischen Eifer aus, da diese sich rasch verändere. Sprich: Wer heute ein Gesetz erlässt, muss es vielleicht morgen schon wieder anpassen.
Ob der Ständerat für solche Bedenken empfänglich ist oder doch vor allem auf die Klagen der Hoteliers hört, zeigt sich im März, wenn er über den Vorstoss entscheidet.
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