May träumt in Davos vom «globalen Britannien»
Zu Gast am WEF, entwirft die Premierministerin die Vision eines Grossbritannien, das weit über Europa hinaus reichen werde.
Die britische Premierministerin Theresa May versuchte am Weltwirtschaftsforum die in Davos versammelte Wirtschaftselite davon zu überzeugen, dass der Austritt ihres Landes aus der EU keine Abkehr von Europa sei. Zugleich hat sie die Vision eines «globalen Britannien» entworfen, das weit über Europa hinaus reichen werde.
May sagte, das Brexit-Referendum sei ein Votum dafür gewesen, «die Kontrolle zu übernehmen und unsere eigenen Entscheidungen zu treffen». Grossbritannien werde in einer «Periode eines bedeutenden Wandels» einige manchmal schwierige Phasen durchlaufen. Es werde aber «sogar noch globaler und internationalistischer in Geist und Tat» daraus hervorgehen. «Ich will, dass das Vereinigte Königreich aus dieser Periode des Wandels als wahrhaft globales Britannien hervorgeht - bester Freund und Nachbar unserer europäischen Partner, aber ein Land, das auch über die Grenzen Europas hinaus reicht.»
Sie hoffe auf «ehrgeizige und kühne» Freihandelsabkommen mit der EU, aber auch anderen Ländern. Gespräche darüber seien mit Australien, Neuseeland, Indien, China, Brasilien und den Golfstaaten bereits aufgenommen worden. Die Politik müsse sich beim Vorantreiben der Globalisierung nun aber auch den Menschen zuwenden, die sich wirtschaftlich dabei abgehängt fühlten, mahnte sie.
Bildstrecke – die besten Bilder aus Davos:
Grossbritannien müsse sich auf harte Verhandlungen mit der Europäischen Union einstellen, sagte die Regierungschefin. Dem Land stehe eine Zeit «folgenreicher Veränderungen» ins Haus. «Das bedeutet, dass wir akzeptieren müssen, dass der vor uns liegende Weg manchmal unsicher sein wird.»
Video – Mays Rede am WEF 2017 in Davos in voller Länge:
Sie strebe zugleich ein «mutiges und ambitioniertes Handelsabkommen mit der EU» an. Zudem wolle Grossbritannien nach dem Brexit eine weltweite Führungsrolle als stärkster Fürsprecher freier Märkte und des Freihandels einnehmen.
Am Dienstag hatte May in einer programmatischen Rede eine klare Trennung von der EU angekündigt. Das Land werde den Binnenmarkt verlassen und auch nicht Teil der Zollunion europäischer Staaten bleiben. Stattdessen würden einzelne Freihandelsabkommen mit der EU und anderen Staaten angestrebt.
May sagte in Davos, Gespräche über künftige Handelsbeziehungen zu Neuseeland, Australien und Indien liefen bereits. Formell sollen die Brexit-Verhandlungen mit der EU nach dem für März angekündigten Austrittsantrag eingeleitet werden. Das wäre ein dreiviertel Jahr nach dem Referendum, bei dem eine knappe Mehrheit der Briten für den Ausstieg aus der EU stimmte. May peilt als Zeitraum für die Gespräche zwei Jahre an.
Mays Brexit-Rede rief trotzige Reaktionen hervor
Mit der Ankündigung vom Dienstag, ihr Land aus dem europäischen Binnenmarkt zu führen, hat die britische Premierministerin Theresa May im In- und Ausland kontroverse Reaktionen ausgelöst. Schlecht kommt eine Drohung in Steuersachen an.
May hatte bei einer Grundsatzrede zum Brexit gesagt, Grossbritannien strebe «keine Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt an». Ihr Land sei dann nicht mehr verpflichtet, «enorme Summen zum EU-Haushalt» beizutragen. Sie wolle stattdessen einen umfassenden Freihandelsvertrag mit der Europäischen Union schliessen. Zudem kündigte sie eine Reduktion der Zuwanderung aus der EU an.
Gleichzeitig sprach sie eine scharfe Warnung an die EU aus. Sollten Grossbritannien auf dem Weg zu einem Freihandelsabkommen Steine in den Weg gelegt werden, könne das Land einen zerstörerischen Wettlauf um niedrige Steuersätze für Unternehmen in Gang setzen.
«Kontraproduktive Verhandlungstaktik»
Reaktionen liessen nicht lange auf sich warten. Die EU sei für die Austrittsverhandlungen gerüstet, twitterte Ratspräsident Donald Tusk. Er sprach von einem «traurigen Vorgang in surrealistischen Zeiten».
«Damit zu drohen, Grossbritannien in ein dereguliertes Steuerparadies zu verwandeln, wird nicht nur dem britischen Volk schaden, sondern ist auch eine kontraproduktive Verhandlungstaktik», schrieb der Europaabgeordnete Guy Verhofstadt auf Twitter. Der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte: «Rosinen picken wird es nicht geben.» Wer am EU-Binnenmarkt teilhaben wolle, müsse Teil der Gemeinschaft sein. Aussenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich für konstruktive Verhandlungen aus.
Neues Unabhängigkeitsreferendum?
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte Widerstand gegen die Pläne Mays an. Gefragt, ob der Brexit-Kurs der britischen Regierung ein zweites Referendum unausweichlich mache, sagte sie der BBC: «Ich glaube das ist sehr wahrscheinlich der Fall». Die Mehrheit der Schotten hatte sich beim Brexit-Referendum im vergangenen Juni für einen Verbleib Grossbritanniens in der EU ausgesprochen. Der nordirische Sinn-Fein-Abgeordnete John O'Dowd warnte der BBC zufolge vor einer festen Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland, sollte Grossbritannien aus dem Binnenmark und der Zollunion austreten.
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