Die Ölhändlerwette und die Angst der Saudis
Der wichtigste Rohstoff ist punkto Preisentwicklung auch der unberechenbarste: Die jüngsten Prognosen dürften den arabischen Staaten allerdings nicht gefallen.

Wer so richtig Lust darauf hat, sich zu blamieren, der macht eine Dollarprognose, heisst es unter Marktbeobachtern. Wer noch masochistischer veranlagt ist, der sollte es mit Öl versuchen, kann man da hinzufügen. Es gibt wohl kaum einen wankelmütigeren Preis als denjenigen des schwarzen Goldes. Eben haben wir noch von Peak Oil und einem Preis von 200 Dollar pro Fass gelesen. Die jüngsten Prognosen sagen, dass er nun wieder tief fallen könnte. So zitiert die «Financial Times» eine Wette unter den wichtigsten Ölhändlern anlässlich eines Diners. Alle Teilnehmer prognostizierten einen Preis, der unter 100 Dollar pro Fass liegt.
Es gibt tatsächlich eine Reihe von Gründen, die für deutlich billigeres Öl sprechen. Dank Schieferöl und Fracking haben sich die USA innert kürzester Zeit vom grössten Ölimporteur zum vermutlich bald grössten Ölproduzenten gewandelt. Das macht die Ölscheiche im Persischen Golf nervös. «Die Amerikaner sagen, sie würden der grösste Ölproduzent sein, sie würden energieunabhängig werden und dass die Welt überhaupt viel weniger von importiertem Öl abhängig würde. All diese Botschaften sind sehr beunruhigend für uns», sagt Mohammad al-Sabban, ein wichtiger Ölberater der Saudis.
Brasilien und Kasachstan als Gegenbewegung
Die Amerikaner produzieren nicht nur deutlich mehr Öl und Erdgas, sie verbrauchen inzwischen auch deutlich weniger. Sparsamere Automotoren und energieeffizientere Häuser haben dazu geführt, dass der Erdölkonsum seit 2005 um zehn Prozent zurückgegangen ist. Kommt dazu, dass die Einigung mit dem Iran bald dazu führen könnte, dass sich die Verhältnisse im Ölmarkt zuungunsten der Opec, der Organisation Erdöl exportierender Staaten, verschieben und so der Preis von 100 Dollar pro Fass nicht mehr gehalten werden kann.
Allerdings: Es gibt auch eine Reihe von Gründen, warum Öl nicht wesentlich billiger werden wird. In Brasilien und Kasachstan sind es technische Gründe. Der erwartete Segen aus den riesigen Ölvorkommen, die in der Tiefsee vor Brasilien entdeckt worden sind, ist bisher ausgeblieben. Die Fördermenge des staatlichen brasilianischen Ölkonzerns Petrobras wird im laufenden Jahr vermutlich sogar fallen. In Kasachstan kann das ebenfalls enorme Ölfeld namens Kashagan wegen tödlicher Schwefelgase immer noch nicht ausgebeutet werden. Im Irak, wo nach Saudiarabien die grössten Ölreserven vermutet werden, ist die Lage alles andere als stabil, ebenso in Libyen.
Hält die Opec zusammen?
Ob der Ölpreis deutlich unter die 100-Dollar-Grenze pro Fass fallen wird, ist letztlich eine Frage der Solidarität innerhalb der Opec. Wird sie die Fördermengen untereinander absprechen und so den Preis verteidigen oder nicht? Die Meinungen darüber gehen auseinander. «Die Zeit der Opec ist abgelaufen», sagt etwa Fereidun Fesharaki von der Beratungsfirma Global Energy. «Wir nähern uns einer Welt mit sehr viel Kohlenwasserstoffen und einer Diversität des Angebots. Die Richtung ist bestimmt, es ist alles nur noch eine Frage der Zeit.»
Genau das Gegenteil vertritt Bill Farren-Price von Petroleum Policy Intelligence. «Die Opec hält immer dann zusammen, wenn die Preise tauchen», sagt er. «Ich sehe keinen Grund, warum sie nicht auch diesmal einen Deal untereinander abschliessen werden.»
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