«Die Finanzmärkte werden uns nicht in die Knie zwingen»
Unter dem Druck des neuen Euro-Sinkfluges gibt sich die Eurogruppe kämpferisch. Zugleich macht sich Ratlosigkeit breit. Wie lässt sich der Euro stabilisieren?

«Die Finanzmärkte werden uns nicht in die Knie zwingen», sagte der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker zum Auftakt eines Eurozonen-Finanzministertreffens in Brüssel. Er räumte ein, dass er über die rapide Verschlechterung des Wechselkurses besorgt sei.
Die 16 Eurostaaten müssten abermals dezidiert klarmachen, dass alles getan werde, um die Eurostabilität zu gewährleisten, erklärte Juncker. Der vor einer Woche aufgespannte Rettungsschirm habe diese Absicht überdeutlich gezeigt, sagte der Eurogruppen-Chef und drückte zugleich seine Ratlosigkeit aus: «Ich hatte gedacht, dass die Finanzmärkte dies zur Kenntnis nehmen.»
Euro auf tiefstem Stand seit vier Jahren
Der Euro war heute zwischenzeitlich auf 1,224 Dollar und damit den tiefsten Stand seit vier Jahren gestürzt. Die EU-Kommission sagte unterdessen dem Handel mit Derivaten und Kreditausfallversicherungen den Kampf an. Finanzkommissar Michel Barnier will dazu neue Gesetze vorschlagen, sagte er. Erwogen würden Strafen für einen Missbrauch in den bislang weitgehend unregulierten Märkten. Transparenter soll der Markt durch eine Registrierungspflicht werden.
«Wir möchten verstehen, was da läuft», sagte er mit Blick auf den Handel mit Kreditausfallversicherungen (CDS). Die Wetten mit CDS auf eine Staatspleite Griechenlands haben nach den Worten zahlreicher Politiker erheblich zur Euro-Krise beigetragen. «Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die mit diesen Papieren handeln», sagte Barnier. «Das sind Leute, die nicht so gerne im Tageslicht arbeiten.» Im Oktober werde er konkrete Gesetzesvorschläge vorlegen.
Um künftig ein hektisches Krisenmanagement wie zur Zeit zu vermeiden, plant der Kommissar einen europäischen Vorsorgefonds. «Wir müssen dafür sorgen, dass der Steuerzahler nicht mehr als erster auf den Plan treten muss», sagte er.
Juncker zufrieden mit Spanien
Der rigide Sparkurs Spaniens stösst in der Eurozone auf eine positive Resonanz. «Persönlich denke ich, dass die Massnahmen der spanischen Regierung mutig sind», sagte Jean-Claude Juncker.
Madrid kürzt unter anderem die Bezüge von Ministern und Beamten. Auch Portugal legte bei der Sitzung neue Schritte wie Steuererhöhungen vor. Beide Länder stehen unter erheblichem Druck, da sie in den gefährlichen Strudel der griechischen Schuldenkrise geraten könnten. In der vergangenen Woche hatten sowohl Madrid als auch Lissabon spektakulär beim Sparen nachgelegt.
Zur dauerhaften Rettung des Euro pochte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble auf eine Sanierung der Staatshaushalte. Das Wesentliche sei die Reduzierung der Defizite als die eigentliche Ursache der Blasenbildung. Dazu gehöre es, den Euro-Stabilitätspakt zu verschärfen und Verstösse gegen die Schuldengrenze schärfer zu bestrafen. Auch der österreichische Finanzminister Josef Pröll forderte verstärkten Druck, auf die Schuldenbremse zu steigen.
«Leute, die nicht so gern im Tageslicht arbeiten»
Die EU-Kommission will schärfere Regeln für den Markt der Kreditausfallversicherungen (CDS). Das erklärte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier in Brüssel, als er die nächsten Schritte in der Finanzmarktreform präsentierte.
Es müsse sichergestellt sein, dass diejenigen, die diese Finanzprodukte verwenden, auch zur Verantwortung gezogen werden könnten. «Das muss obligatorisch registriert werden», sagte Barnier.
«Das sind Leute, die nicht so gern im Tageslicht arbeiten, aber das werden wir von ihnen verlangen.» Der EU-Kommissar kündigte an, man werde «im Oktober ernsthaft darüber sprechen».
Zu der Forderung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, den Handel mit Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen völlig zu verbieten, nahm Barnier allerdings nicht Stellung.
Die sogenannten Credit Default Swaps (CDS) spielten zuletzt in Spekulationen gegen griechische Staatsanleihen eine wichtige Rolle. Sie sind Finanzmarktinstrumente, mit denen Marktteilnehmer gezielt auf einen Kursrutsch beispielsweise einer Währung wetten.
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