China ist wichtig – aber nicht für die Bauern
Wenn die Chinesen Schweizer Milch und Käse entdecken, ist das nett. Viel wichtiger ist aber, dass sie Medikamente, Uhren und Maschinen kaufen.

«China trinkt unseren Milchsee» titelte kürzlich der «Blick». Das war weniger eine journalistische Leistung als ein gelungener PR-Coup des Milchverarbeiters Emmi. Nach dem Motto: «Das Doppelte von wenig ist immer noch nicht sehr viel» wurde zwar nicht gelogen, aber aus einer Mücke ein Elefant konstruiert. Selbst wenn – wie gemeldet – die Schweizer Milchexporte um das 20'000-Fache zugenommen haben sollten, sind sie kein Hoffnungsträger für unsere von Überproduktion gebeutelte Landwirtschaft. 2011 hat die Schweiz Käse und Milchprodukte im Wert von gerade einmal rund sieben Millionen Franken nach China verschifft. Mehr als ein Tropfen in einen Milchsee ist das weiss Gott nicht.
Richtig ist hingegen, dass der chinesische Markt für die Schweizer Wirtschaft an Bedeutung gewinnt. 2011 sind Waren und Dienstleistungen im Wert von 14,7 Milliarden Dollar ins Reich der Mitte exportiert worden. Im letzten Jahr waren es zwölf Prozent weniger, doch die Ursache dafür lag in einem temporären konjunkturellen Abschwung der chinesischen Wirtschaft. Inzwischen hat sie sich wieder aufgefangen. China steht, was den Export betrifft, mit Frankreich auf einer Stufe. Die Zukunftsperspektiven sind jedoch bedeutend rosiger. Während die europäischen Märkte reif und überaltert sind, entsteht in China erst eine kaufkräftige Mittelschicht, die gerne zu Gütern mit dem Schweizer Kreuz greift. Es sind dies jedoch in erster Linie Uhren und Pharmaprodukte. Zusammen mit Maschinen führen sie die Exporthitliste nach Asien an.
Chinas Wirtschaft im Umbruch
Die Schweizer Wirtschaft ist in Asien sehr gut aufgestellt, viel besser als die Konkurrenz. Als eines der ganz wenigen Länder hat die Schweiz mit dem Exportweltmeister China eine positive Handelsbilanz, will heissen: Sie exportiert mehr, als sie importiert. «Selbst im Vergleich zu klassischen Exportländern wie Deutschland oder Japan, die ebenfalls mit hohen Exportquoten überdurchschnittlich vom Aufschwung in Asien profitierten, ist der Schweizer Handelsüberschuss aussergewöhnlich», heisst es dazu in der Fachzeitschrift «Volkswirtschaft». Kein Wunder also bemüht sich der Bundesrat seit zwei Jahren intensiv um ein Freihandelsabkommen mit Peking.
China befindet sich in einem Umbruch. Nach einem historisch einmaligen Aufschwung muss das Land seine Wirtschaft umstrukturieren, um nicht in die «Falle der mittleren Einkommen» zu geraten. Konkret bedeutet dies, dass die überzüchtete Exportindustrie gezähmt und die Wirtschaft mehr auf die Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung umgestellt werden muss. Das ist schneller gesagt als getan. Die Umstellung ist die grösste Herausforderung, vor der die neue Machtelite unter der Führung von Xi Jinping steht. Gelingt sie, dann wird die Bedeutung Chinas für die Schweizer Industrie nochmals zulegen, allerdings in erster Linie für Swatch, Roche, ABB und Co. Für die Schweizer Bauern liegt die Zukunft nicht in Asien, sondern in einer biologisch nachhaltigen Landwirtschaft in der Schweiz.
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