Wir sind alle ein bisschen Agglo
Für die BZ-Sommerserie Stadt-Land schreiben drei Redaktorinnen über ihren Wohnort. Heute Mirjam Messerli über Hinterkappelen.
Ich sagte immer: Entweder mitten in der Stadt – oder dann richtig auf dem Land. Agglo ist weder Fisch noch Vogel. Unentschieden. Etwas für Warmduscher, sagte ich, wie auch meine Kollegin Marina Bolzli am Mittwoch schrieb. Denn sie wohnt «richtig» auf dem Land.
Ich war früher voll ihrer Meinung – und wohne heute in der Agglo. In Hinterkappelen, Gemeinde Wohlen. «Also hierher möchte ich nie ziehen», sagte ich jeweils im Scherz zu meinem Mann, wenn wir zum Beispiel von einer Wanderung im Frienisberg mit dem Postauto zurück nach Bern fuhren. Ha, ha.
Weggezogen sind wir aus der Länggasse. Freiwillig. Aus der Länggasse! Wo wir bestens versorgt waren mit hausgemachten Gelati und handgeschnitzten Bagels. Was war in uns gefahren?
Wir wollten nicht mehr mieten, sondern etwas kaufen. Wer ein Budget hat, weiss: In Bern ist das ein schwieriges Unterfangen. Das wahre Landleben fiel auch bald aus dem Rennen. Unregelmässige Arbeitszeiten und nur ein Poschi pro Stunde, das verträgt sich schlecht. Und wir wollten nicht werden wie die Leute, über die wir uns in der Länggasse nervten, weil sie aus dem Grünen mit dem Auto in die Stadt pendeln und es eine Zumutung finden, dass sie in den Quartieren nur 30 fahren dürfen.
In Hinterkappelen haben wir: bis nach Mitternacht drei Postauto-Linien in einem Takt, bei dem Matte-Bewohner nur vor Neid erblassen können. In diesem Punkt, liebe Kollegin vom Land, hast du völlig recht: Auf diese Annehmlichkeit möchte ich tatsächlich nicht verzichten.
Ansonsten scheinen mir Land und Agglo gar nicht so verschieden zu sein. Du hast: Mäuse aller Art, Mähroboter, einen Schiessstand. Haben wir auch. Du freust dich über: zirpende Grillen, gackernde Hühner, Walderdbeeren. Dito. Heisst das nun, dass wir auch ein bisschen auf dem Land leben? Und du in der Agglo? Ach: In der Schweiz sind wir doch alle ein bisschen Agglo. Und es ist gar nicht mal übel dort.
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