«Wir müssen schnell zu den Kindern»
Seit einer Woche sind zwölf jugendliche Fussballspieler in einer thailändischen Höhle verschollen. Nun hilft auch Australien.
Erschöpfung und Hoffnung spiegeln sich in den Gesichtern der Eltern. Viele haben die Augen geschlossen und sind in ihren Gedanken und Gebeten ganz bei ihren seit gut einer Woche vermissten Söhnen. Ein buddhistischer Mönch leitet die Gebetszeremonie in der Nähe des Höhleneingangs in den Bergen im Norden Thailands. Eine blaue Plastikplane schützt die Familien vor dem Regen, überall ist rotbrauner Schlamm.
Obwohl es bisher kein Lebenszeichen von der in der weitläufigen Höhle eingeschlossenen Jugend-Fussballmannschaft gibt, klammern sich viele an die Versicherungen der Behörden, dass doch noch alles gut werden wird. Die Verantwortlichen stecken alle vorhandenen Ressourcen in die Suche, aber schlechte Koordination und mangelnde Erfahrung mit solchen Notlagen liessen tagelang Zweifel an ihrem Optimismus aufkommen.
Am Sonntag nährten eine Wetterbesserung und die Einrichtung eines Einsatzstützpunktes im Höhleninneren dann aber die Hoffnung auf eine Rettung der Vermissten. Der Stützpunkt sei tief im Inneren der Tham-Luang-Höhle in einem Durchgang eingerichtet worden, teilten Einsatzkräfte am Sonntag mit. Sie brachten Sauerstofftanks und Scheinwerfer in die Höhle.
«Was wir heute machen müssen, ist schnell zu den Kindern zu gelangen», sagte der Kommandeur der an der Rettungsaktion beteiligten Marineeinheit, Apakorn Yookongkaew, vor Journalisten. «Wir werden nicht ruhen, bis wir sie gefunden haben.» Die zwölf Fussballspieler im Alter zwischen elf und 16 Jahren und ihr 25-jähriger Trainer werden bereits seit über einer Woche vermisst.
Internationale Hilfe
Knapp 1000 Helfer habe die Regierung vor Ort im Einsatz, sagt Provinzgouverneur Narongsak Osotthanakorn. Aber niemand hier kenne sich mit Suchaktionen in Höhlen aus. «Eine solche Lage hat es in unserem Land noch nie zuvor gegeben. Wir sind nicht bereit dafür.»
Die Suche wird deshalb intensiviert und mit internationaler Hilfe fortgesetzt. Australien schickte am Sonntag sechs Polizisten, die Erfahrung mit Tauchen in Höhlen haben Dies teilte das australische Handels- und Aussenministerium mit.
Hilfe leisten auch Retterteams aus Myanmar und Laos, bis zu 32 Angehörige der US-Streitkräfte, drei britische Taucher und ein britischer Höhlenexperte sowie fünf Experten aus China.
Die Zeit läuft gegen die Vermissten. Zu Fuss, per Helikopter und per Drohnen werden fieberhaft neue Höhleneingänge gesucht, zudem sind die Taucher ständig im Einsatz. Trotzdem wissen die Retter weiter nicht, wo sich die Gruppe befinden könnte.
Von Sturzflut überrascht?
Am Samstag vergangener Woche waren die jungen Fussballer und ihr Trainer in die Tham Luang-Khun Nam Nang Non-Höhle in der Provinz Chiang Rai eingestiegen. Eine fatale Entscheidung. Mit etwa zehn Kilometern Länge ist die Höhle eine der grössten des Landes. Und sie ist gefährlich. Gerade jetzt, in der Regenzeit, können Sturzfluten und Hochwasser Gänge unpassierbar und die Rückkehr ins Freie unmöglich machen.
Genau das ist vermutlich den 11 bis 16 Jahre alten Jugendlichen und ihrem Trainer passiert. Sie kamen alle aus der Gegend im Grenzgebiet zu Myanmar und hatten die Höhle nach Angaben von Familien und Freunden bereits früher erkundet. Die Risiken eines solchen Ausflugs müssten ihnen also bekannt gewesen sein. Haben die Jungen sie dieses Mal unterschätzt?
Mutter schlug Alarm
Eine Mutter hatte am Samstagabend Alarm geschlagen, als ihr Sohn nicht vom Fussball zurückkehrte. Die Fahrräder der Jugendlichen wurden beim Höhleneingang entdeckt. In der Höhle fanden die Suchmannschaften am Dienstag Hand- und Fussabdrücke der Vermissten. Dies werteten sie als Lebenszeichen. Doch seitdem: nichts. Schuhe und Rucksäcke wurden ebenfalls gefunden, was bedeutet, dass die Jungen kaum Proviant haben, falls sie überhaupt für den Tag etwas eingepackt hatten.
Thailändische Mediziner versichern, dass die Vermissten eine Woche überleben könnten. Dabei gehen sie aber davon aus, dass sie im Trockenen sind und Trinkwasser zur Verfügung haben. Mit jedem Tag stehen die Überlebenschancen schlechter. Über die nicht auszuschliessende Möglichkeit, dass die Knaben ertrunken sein könnten, möchte hier in Chiang Rai niemand offen reden.
Drama mit Durcheinander
Am Ort des Dramas herrscht Durcheinander. Eltern und Helfer werden abgeschirmt, Informationen der Behörden sind dürr und nicht selten widersprüchlich. Die Suchaktion wirkt schlecht koordiniert. So sagt ein Helfer, es gebe keine offizielle Karte der Höhle. Verschiedene Teams arbeiteten mit unterschiedlichem Kartenmaterial.
Trotzdem machen nur wenige Thailänder ihrem Frust über die schleppend vorangehenden Arbeiten öffentlich Luft. Eine Schauspielerin, die meinte, in jedem anderen Land hätte man die Jungs längst gefunden, erntete für diesen Social-Media-Post heftige Kritik.
Die grosse Mehrheit hält die Hoffnung am Leben, mit selbst geschriebenen Songs, Zeichnungen oder Gebeten. «Ich warte immer auf gute Nachrichten», schreibt ein User auf Twitter. Es gebe immer Hoffnung. Genau wie die Eltern im Schlamm vor der Tham Luang-Höhle wollen viele nur an ein Happy End denken.
SDA/anf
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