Wir denken nicht immer bloss an Sex
Minenfeld Sexuelle Belästigung: Der Generalverdacht schadet dem Arbeitsklima. Ein Kompliment kann auch für Freude sorgen.

Der Arbeitsplatz ist ein Minenfeld. Hinter jedem Kompliment verstecken sich Hintergedanken, jeder Spruch zielt insgeheim aufs Geschlecht des Gegenübers, jeder kecke Witz stellt eine Gefahr dar. Auch Blicke allein belästigen. Dies zumindest ist der Eindruck, den die oberste Zürcher Schlichterin in Gleichstellungsfragen erweckt im Beitrag am 31. Oktober 2013 im «Tages-Anzeiger» erweckt. Laut Susy Stauber ist beispielsweise mit der Aussage: «Wow, du bist heute aber ein optisches Sicherheitsrisiko» eine Grenze überschritten.
Sexuelle Übergriffe in der Arbeitswelt finden leider statt. Die Art und Weise, wie drei in einer Abteilung der Zürcher Elektrizitätswerke EWZ angestellte Frauen behandelt wurden, ist nicht tolerierbar. Keine Frage. Nur: Jeglichen Austausch unter Kolleginnen und Kollegen einem Generalverdacht zu unterstellen, schadet allen.
Wir denken insgeheim nicht immer bloss an Sex. Die Arbeitswelt ist schnell und fordernd, guter kollegialer Umgang der Sprit des Arbeitslebens. Natürlich sind Integrität und Würde schützenswert, doch gerade im persönlichen Austausch geht es um den Menschen in all seinen Facetten. Wer mit seinen Kollegen unverkrampft scherzen und lachen kann, fühlt sich als Person geschätzt und aufgehoben. Ein Kompliment sollte da eine Freude sein, kein Ärger. Witz und Charme lassen sich in kein Korsett zwängen. Es braucht ein Gespür für Zwischentöne, für Humor und Ironie, um sie richtig zu deuten. Rigide Anstandsregeln werden den vielfältigen Beziehungen, die wir auch im Arbeitsumfeld pflegen, nicht gerecht. Wir sind keine geschlechtslosen Roboter, die sich immer nur politisch korrekt verhalten – und das ist gut so. Je nach Temperament, Elternhaus und kulturellem Hintergrund verhalten wir uns anders. Eine flapsige Bemerkung, ein nettes Kompliment oder eine tröstende Umarmung sind meist gut gemeint und sollten auch im Büro Platz haben.
Manchmal schleicht sich auch ein gar salopper Witz ein – oder ein Kompliment wie das «optische Sicherheitsrisiko» schiesst übers Ziel hinaus. Dann ist neben Humor auch etwas Gelassenheit gefragt.
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