Fusion GrossbernWill Ostermundigen heiraten?
Die Bevölkerung informierte sich über die Ergebnisse der Fusionsstudie im Grossraum Bern. Viele zeigten sich offen für die Heirat mit der Stadt Bern, einige waren skeptisch.

Wer von Bern nach Ostermundigen fährt, wird sie wohl kaum erkennen: die Gemeindegrenze. Sie ist ein fliessender Übergang zwischen Bundeshauptstadt und Agglomerationsgemeinde. Was heute schon fast nicht wahrnehmbar ist, könnte in Zukunft auch politisch unsichtbar werden. Und zwar durch eine Fusion zur Gemeinde Grossbern.
Seit Mitte Februar liegen die Ergebnisse der Kooperationsstudie, an der sich auch Bolligen, Bremgarten, Kehrsatz und Frauenkappelen beteiligt haben, auf dem Tisch. Gestern Abend konnte sich die Bevölkerung in Ostermundigen aus erster Hand informieren, was eine allfällige Fusion für sie bedeuten könnte. Die Chancen einer Fusion liegen bei dem direkten Nachbarn im Osten wohl am höchsten. Den Anstoss zu der Kooperationsstudie hat denn auch die lokale SP gemacht und spricht sich ganz offen für eine Fusion aus.
Das Interesse der Ostermundiger Bevölkerung war dann nicht genug gross dafür, den Tell-Saal zu füllen. Trotzdem fanden sich knapp hundert Leute ein, die aufmerksam den Worten der Referenten folgten.
Finanzielle Erleichterung
Der Studienautor Felix Walter betonte in seinen Ausführungen, dass es nun wichtig sei, die Bevölkerung in den Prozess einzubeziehen. Man sah es dem Redner dann auch an, dass er es sich zur Mission gemacht hat,
die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen und sie aufzulösen.
Eine Fusion mit der Stadt Bern könnte in Ostermundigen einen Muskel lösen, der seit Jahren verkrampft ist. So könnte die finanziell angeschlagene Gemeinde von der Stadt profitieren. Bern befindet sich unter diversen finanziellen Gesichtspunkten an erster Stelle, Ostermundigen bildet jeweils das Schlusslicht. In Bern liegt der Steuerertrag bei 3700 Franken pro Einwohner, in Ostermundigen sind es gerade mal 2400 Franken.

Eine Fusion könnte aber nicht nur die Erträge der Gemeinde verbessern, sondern gleichzeitig noch die Steuern bei der Bevölkerung senken. Der Steuerfuss liegt in der Stadt Bern derzeit bei 1,54 Einheiten, in Ostermundigen bei 1,69. Gelingt es der Grossgemeinde, 10 Millionen Franken einzusparen, könnte der Steuersatz der Stadt Bern beibehalten werden. Und wäre neu auch für Ostermundigen gültig. Felix Walter machte gleichzeitig aber auch klar, dass sich dies kaum auf das Budget eines durchschnittlichen Familienhaushalts auswirken würde.
Verlust der Identität?
In der anschliessenden Fragerunde konnte man erahnen, was für Anliegen in den kommenden Monaten auf die Verantwortlichen einer allfälligen Fusion zukommen. Die Fragen drehten sich um die lokalen Vereine und um Bauland, aber auch um die Chancen und Risiken eines Alleingangs.
Speziell erwähnt wurde immer wieder die Identität von Ostermundigen, die durch eine Fusion verloren zu gehen drohe. Felix Walter machte zu diesem Punkt immer wieder den Vergleich mit Bümpliz. Ist ein Junge, der dort aufwächst, nun ein Berner oder ein Bümplizer? Ob man sich nun mehr mit seinem Quartier oder mit seiner Stadt identifiziere, sei auch eine individuelle Frage.
Weiche Sorgenfalten
Thomas Iten, Präsident von Ostermundigen, rückte in dieser Frage auch den zentralen Wert der Vereine ins Zentrum: «In unserer virtuellen Welt bieten die Vereine eine Art Dorfplatz an, auf dem man sich real treffen kann.» So sei es wichtig, dass die lokalen Vereine aus Ostermundigen auch in Zukunft ihre Räume gratis nutzen könnten.
«In unserer virtuellen Welt bieten die Vereine eine Art Dorfplatz an, auf dem man sich real treffen kann.»
Ob Ostermundigen nun die Heirat mit der Stadt Bern und weiteren Gemeinden eingehen wird, konnte gestern Abend nur erahnt werden. Die Fragen waren zwar kritisch, die Sorgenfalten aber höchstens weich ins Gesicht gezeichnet. Soll es nun zu einer Fusion kommen, gilt es diese Sorgenfalten in den kommenden Monaten zu glätten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.