Wildwest-Bauer landet im Gefängnis
Ein Bauer wehrte sich mit einer Schrotflinte gegen Hanfdiebe. Damit ging er zu weit. Das Regionalgericht verurteilte den Mittfünfziger vom Längenberg zu 32 Monaten Gefängnis. Davon muss er 12 Monate absitzen.

Es waren wüste Szenen, die sich Anfang Oktober 2016 rund um einen Bauernhof in Niedermuhlern abspielten. Mehrere Unbekannte versuchten Hanf zu stehlen. Doch einer der Männer wurde vom Landwirt und einem Kollegen am nahen Waldrand entdeckt. Sie verfolgten den mutmasslichen Dieb, schossen mit Gummischrot auf ihn, schlugen ihn mit einem Baseballschläger, fesselten ihn und sperrten ihn zwei Stunden lang in einen Rübenkeller.
Während dieser Zeit kam esin der Scheune zu einem Rencontre mit den Komplizen des Eingesperrten. Einer verletzte den Landwirt mit einer Mistgabel an der Hand, worauf dieser eine Ladung Bleischrot in Richtung Unbekannte abgab. Wegen dieser Wildwestszene mussten sich der Bauer und sein Kollege vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland verantworten.
Kein Widerruf
Man dürfe sich nicht einfach bei anderen Leuten bedienen, sagte Gerichtspräsidentin Christine Schär am Donnerstag bei der Urteilseröffnung. Aber: «Man darf sein Eigentum auch nicht mit allen Mitteln verteidigen.» Das sei Aufgabe der Polizei. «Selbstjustiz ist keine Lösung.»
Das Regionalgericht verurteilte den Landwirt unter anderem wegen Freiheitsberaubung, einfacher Körperverletzung, Nötigung und Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Gefängnisstrafe von 32 Monaten. Davon sind 12 Monate unbedingt.
Der Bauer hatte insofern Glück, dass er eine frühere, bedingt ausgesprochene Strafe von 24 Monaten wegen Anbaus von illegalem Hanf nun nicht noch teilweise absitzen muss. Beim Bauern habe ein Umdenken stattgefunden und er lasse nun die Finger vom Hanf, begründete Schär. Eine lange Gefängnisstrafe wäre zudem das Ende des Landwirtschaftsbetriebs gewesen.
Sein Kollege erhielt eine bedingte Strafe von 12 Monaten. Er sei nur Mitläufer gewesen und habe eine untergeordnete Rolle gespielt, sagte die Gerichtspräsidentin. Die beiden müssen dem Hanfdieb eine Genugtuung von 5000 Franken bezahlen.
Die Verteidiger hatten auf Freisprüche plädiert. Ihre Klienten seien angegriffen worden, begründeten sie. Von einem Überfall oder einem Angriff könne nicht die Rede sein, sagte Christine Schär.
Nur in einem Fall attestierte sie dem Landwirt eine Notwehrsituation und sprach ihn von Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung frei. Als einer der Unbekannten ihm mit einer Mistgabel die Hand durchbohrte, habe es sich um einen Angriff auf das Leben gehandelt. «Da war es legitim, im Affekt einen Schuss abzugeben.»
Kannte sich mit Hanf aus
Dass der angepflanzte Hanf nur für die Fütterung der Schweine vorgesehen war und der THC-Gehalt den Bauern nicht interessiert haben soll, konnte das Gericht nicht so recht glauben. Vor allem weil der Beschuldigte genügend Kenntnisse über die Pflanze hatte und die Pflanzen wohl nicht ohne Grund nächtelang bewacht wurden.
Der THC-Wert war nicht knapp über dem Grenzwert von einem Prozent, sondern lag bei bis zu zehn Prozent. «Der Landwirt hat zumindest in Kauf genommen, Drogenhanf anzubauen», sagte Gerichtspräsidentin Schär.
Keine Hinweise oder sogar Beweise gab es hingegen, dass der Mann den Hanf auchals Drogen verkauft hat oder die Absicht dazu hatte. Nach dem Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten» wären die abgepackten Hanfblüten damit den Schweinen verfüttert worden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl die Verurteilten als auch die Staatsanwaltschaft können es ans Obergericht weiterziehen.
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