Krieg in der UkraineWie kann ich helfen?
Die Glückskette hat schon vor dem nationalen Solidaritätstag über 15 Millionen Franken gesammelt. Das Bedürfnis, zu helfen, ist gross. Nur: Was nützt?

Spenden
Für Martina Ziegerer, Geschäftsführerin der Stiftung Zewo, ist die Geldspende die effektivste Hilfe. «Geldspenden sind flexibler einsetzbar als Sachspenden. Mit Geldspenden können die gerade benötigten Güter vor Ort beschafft werden.» Die Zewo stellt Gütesiegel für Schweizer Spendeorganisationen auf und führt auf ihrer Website eine Liste mit geprüften Organisationen, die Geld für die Ukraine sammeln. Ziegerer rät, nur bei zertifizierten Organisationen zu spenden. Denn die grosse Spendebereitschaft wird auch missbraucht.
Die Glückskette, die ebenfalls mit zertifizierten Organisationen zusammenarbeitet, hat zum nationalen Solidaritätstag am Mittwoch, 9. März aufgerufen. Dann wird auf den SRG-Radio- und Fernsehkanälen zur Spende aufgerufen. Doch jetzt schon sind über 15 Millionen Franken zusammengekommen.
Apropos Spenden: Der Regierungsrat hat eine 1-Millionen-Franken-Spende des Kantons beschlossen. Die Gemeinde Wohlen bei Bern spendet 1 Franken pro Einwohnerin und Einwohner. Der Betrag von 9350 Franken werde dem Ukrainischen Verein Schweiz überwiesen. Auch die Stadt Langenthal spendet einen Franken pro Kopf, das macht 16’000 Franken. Die Inselgruppe hat bekannt gegeben, dass sie pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter 10 Franken an die Glückskette spendet, was 120’000 Franken ergibt. Der Berner Apothekerverband hat Medikamente im Wert von 60’000 Franken gekauft und in die Ukraine geschickt.
Sammeln
Vor der ukrainischen Botschaft im Berner Kirchenfeld türmen sich die Kisten und Säcke: Dieses Bild steht mittlerweile in der Schweiz symbolisch für das grosse Bedürfnis der Menschen, zu helfen. Auch einige private Aktionen gibt es in der Region, es werden Hilfsgüter gesammelt und Transporte organisiert.
Wichtig ist bei der Sachspende: Was gegeben wird, ist oft nicht, was gebraucht wird. Effektiv ist eine Sachspende, wenn man sich davor über die Bedürfnisse informiert. Gerade, weil die Sammlung mit grossem Sortierungs- und Koordinationsaufwand verbunden ist.

Besonders gefragt sind gemäss der ukrainischen Botschaft derzeit warme Kleidung, Medikamente wie Insulin, Babynahrung, lang haltbare Lebensmittel. Die ukrainische Botschaft bittet darum, die Güter nicht mehr ins Kirchenfeld zu bringen. An der Fischermättelistrasse 6 hat die Botschaft eine Lagerhalle gemietet.
In Biel wird bis Sonntag, 6. März an der Salzhausstrasse 5 gesammelt, gefragt sind dort in erster Priorität lang haltbare Nahrungsmittel (Dosennahrung, Teigwaren, Reis, Zucker, Salz), ausserdem Hygieneartikel, Schmerzmittel und andere Medikamente, Windeln, Stofftiere, Matratzen und Taschenlampen samt Batterien.
In Thörishaus hat eine Chauffeurin der Firma Direkt Transport AG eine Sammelaktion gestartet. Gesammelt werden bis Sonntag, 6. März Decken, Matten, Schlafsäcke, Kissen, Handtücher, Bandagen, Hygieneartikel sowie lang haltbares Essen. Die Chauffeurin stammt aus einem polnischen Dorf in der Nähe der ukrainischen Grenze, die Hilfe soll dort eingesetzt werden.
Der Berner Kleiderladen Olmo sammelt warme Kleider und bittet, Spenden beim Laden vorbeizubringen.
Demonstrieren
10’000 bis 20’000 Demonstrierende auf dem Bundesplatz werden doch wohl Putin nicht zum Umdenken bringen. Das stimmt natürlich, und doch ist die Demo ein gutes Gegenmittel gegen das Ohnmachtsgefühl, das viele Menschen seit Kriegsbeginn bedrückt. Und wenn es schon die Kriegsgurgel nicht beeindruckt, dürften regelmässige Demonstrationen zumindest innenpolitisch durchaus ihre Wirkung haben. Und: Wer ein Zeichen setzt, schreibt einen Teil der Geschichte, auch wenn es nur ein kleines Komma ist.
Flüchtende aufnehmen
Die grösste denkbare Hilfe wäre natürlich, jemanden bei sich zu Hause aufzunehmen. Das Aktivistinnen- und Aktivistennetzwerk Campax.org sammelt seit Anfang Woche Adressen von Menschen, die Flüchtende bei sich aufnehmen möchten. Laut Campax-Sprecher Andreas Freimüller haben sich, Stand Freitagmorgen, 11’335 Personen eingetragen, die 27’693 Betten zur Verfügung stellen möchten. «Wir verknüpfen unsere grosse Reichweite und die technischen Systeme mit jenen, die Erfahrung haben in der Sache», sagt Freimüller. Campax arbeitet mit der Flüchtlingshilfe zusammen. Wie die Aktion am Schluss ablaufe, sei derzeit noch offen. Zuerst müsse der Bundesrat die Ukraine-Flüchtende-Politik definieren.
Solidarisch geniessen
Auch Solidaritäts-Kulturveranstaltungen sind geplant. Das Berner Restaurant Barbière organisiert am Samstag, 5. März, um 15 Uhr ein Benefizkonzert mit Oli Kehrli. Gleichentags laden das Effinger-Theater und die Kirchgemeinde Heiliggeist in die Berner Heiliggeistkirche. Von 17.30 Uhr bis Mitternacht lesen 12 Schauspielerinnen und Schauspieler das gesamte Buch Swetlana Alexijewitsch «Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft». Das Publikum kann jederzeit kommen und gehen, die Kollekte wird gespendet.
Im Berner Club Einspruch findet am Samstag, 12. März, von 14 bis 17 Uhr ein Flohmarkt und ab 23 Uhr ein Solirave statt. Der Erlös geht an Hilfswerke an den Grenzen und im Krisengebiet. Das Berner Symphonieorchester spielt am Mittwoch, 16. März, ein Solidaritätskonzert, es spielt im Casino Bern die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Am Dirigentenpult gibt es ein Wiedersehen mit dem abgetretenen Chefdirigenten, Mario Venzago. Tickets gibt es bei Bühnen Bern.
Aktionen von Institutionen und Firmen
Auch Institutionen und Firmen initiieren Hilfe. Die Universität Bern bündelt Hilfsaktionen ihrer Mitglieder auf ihrer Website. Derzeit laufen Medikamentensammlungen, weitere Aktionen sollen dazukommen.
Laut der Swisscom liegt «in Schweizer Schubladen ein 60-Millionen-Schatz»: alte Mobiltelefone. Sie fordert zur Spende dieser Geräte auf. Die alten Handys können in den Swisscom-Shops abgegeben werden. Der Erlös geht an die Nothilfe von SOS Kinderdorf.
Hacker werden
Krieg ist immer auch Informationskrieg. Websites werden lahmgelegt, Konten gehackt, Propaganda verbreitet. In den sozialen Medien geistern seit einer Woche auch Ideen rum, wie man als Normalanwenderin am Computer aktiv werden kann. So hat die Aktivistengruppe Anonymous dazu aufgerufen, Google Maps aufzurufen und bei Restaurants in russischen Städten Botschaften zum Krieg zu verbreiten und damit der verharmlosenden Propaganda («Befreiung des Brudervolks») des Kremls entgegenzuwirken. Allerdings hat Google diese Aktion unterbunden, ebenso Tripadvisor, die mancherorts die Kommentarfunktion ausgesetzt hat. Auch die Dating-Plattform Tinder soll zur – pardon – Aufklärung beitragen.
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