Wie IBM die Computerindustrie erfand
Google, Apple und Facebook dominieren die Schlagzeilen. Doch unzählige mittlerweile alltägliche Funktionen verdankt die moderne Gesellschaft IBM. Das Unternehmen wurde am 16. Juni 100 Jahre alt.
Egal ob Daten auf einer Festplatte gespeichert werden, Geld am Automaten gezogen wird oder die Kassiererin im Supermarkt die Waren über den Scanner zieht – die Grundlage für diese Technologien lieferte «Big Blue». IBM «war so etwas wie der Grundstein des ganzen Geschäftszweigs, aus dem sich die Computerindustrie entwickelt hat», sagt Bob Djurdejevic, ehemals IBM-Mitarbeiter und Chef der Firma Annex Research.
In New York gegründet
Am 16. Juni 1911 schlossen sich in New York drei Firmen zusammen, die vor allem Waagen und Stechuhren herstellten. Fortan firmierten sie unter dem Namen Computing Tabulating Recording Company. Damit hatte sich die neue Firma die Schlagworte Rechnen, Ordnen und Aufzeichnen in den Firmennamen geschrieben, die seitdem für die Tätigkeiten des Unternehmens bezeichnend sind. 1924 erhielt das Unternehmen schliesslich seinen heutigen Namen: International Business Machines, kurz IBM.
Die Lochkarte für 26 Millionen Amerikaner
In ihrem Werk in Endicott im US-Staat New York stellte die Firma Maschinen her, die auf Lochkarten gespeicherte Informationen auswerten konnte. In den 30er-Jahren wurden die Sozialversicherungsdaten von 26 Millionen Amerikanern mithilfe der IBM-Lochkartenmaschinen verwaltet.
Auch wenn sie heute antiquiert erscheinen, besassen sie bereits die Elemente moderner Computer: die Fähigkeit zur Datenspeicherung, eine Recheneinheit und eine Ausgabeeinheit, wie David Mindell, Professor für Technikgeschichte am Massachusetts Institute of Technology, erklärt.
Der IBM-Dresscode: Weisses Hemd und Krawatte
Über Jahrzehnte war der 1914 dazugestossene Thomas Watson senior die treibende Kraft im Unternehmen. Er prägte die Unternehmenskultur mit dem Dresscode weisses Hemd und Krawatte und das Firmenmotto «Think», zu Deutsch: «Denke nach!».
Watson und seine Söhne führten das Unternehmen ins Computerzeitalter. Unter ihrer Führung investierte IBM nach dem Kriegsende massiv in die Forschung. Die Techniker des Unternehmens entwickelten so auch wegweisende Technologien: 1956 führte IBM die Festplatte ein, 1971 die Diskette. Ausserdem entwickelten IBM-Techniker die Grundlagen für schnelle Datenübertragung, die Geldautomaten möglich machte, und in den 60er-Jahren den Barcode, der im Supermarkt auf jedem Produkt prangt.
In den 80er-Jahren geriet IBM in die Krise
Doch unter der Last der über die Jahre zunehmenden Bürokratie litt die Innovationskraft des Unternehmens. In den 80er-Jahren schien IBM orientierungslos. Der Preisverfall für Computerchips und eigene Fehler setzten dem Unternehmen zu. Obwohl «Big Blue» den Personal Computer (PC) im Markt einführte, versäumte es das Unternehmen, sich die Rechte am Betriebssystem (Microsoft) zu sichern, und blieb vom Chiphersteller Intel abhängig.
Schnell wurde IBM zu grossen Teilen aus dem PC-Markt verdrängt. Und weil kleinere Computer immer mehr Aufgaben übernehmen konnten, für die man bis dahin einen grossen Hauptrechner brauchte, brach IBMs wichtigstes Standbein ein.
Die Rettung für das Unternehmen kam in den 90er-Jahren mit dem neuen Chef Louis Gerstner. Er erfand das Unternehmen neu, brach alte Strukturen auf, senkte die Preise und strich Stellen zusammen. Fortan konzentrierte sich das Unternehmen auf Dienstleistungen wie Datensicherung und technische Beratung. Diese Dienstleistungen konnten auch an Firmen verkauft werden, die schon mit IBM-Computern ausgestattet waren, und auch wenig rentable Hardware konnte ein Türöffner für lukrative Geschäfte sein.
Neues Geschäftsmodell macht IBM krisenfest
Dank dieser Veränderungen überstand IBM auch die jüngsten Wirtschaftskrisen: Wenn die Geschäfte schlecht laufen, holen sich die Unternehmen bei IBM Rat, wie sie ihre Kosten senken können. Mit dieser Strategie wurde «Big Blue» zum grössten Anbieter von Technikdienstleistungen der Welt.
Mit einem jährlichen Umsatz von rund 100 Milliarden Dollar ist IBM dreimal so gross wie Google und doppelt so gross wie Apple. Mit einem Börsenwert von 200 Milliarden Dollar ist der Konzern auch mehr wert als der Suchmaschinenriese.
Computerhirn gewinnt beim Fernsehquiz
Noch immer gibt das Unternehmen jedes Jahr mehr als sechs Milliarden Dollar für Forschung aus. Das jüngste Beispiel für die dabei entwickelte Technik ist «Watson». Das Computerhirn trat beim Fernsehquiz «Jeopardy» gegen die besten menschlichen Kandidaten an und gewann deutlich. Nun will IBM die «Watson»-Technik auf andere Bereiche übertragen. So soll sie etwa in der medizinischen Diagnostik eingesetzt werden, um gesprochene Sprache zu verstehen und diese Informationen mit vorhandenen Daten abzugleichen.
So setzt das Unternehmen, das mit der Verarbeitung von auf Millionen Lochkarten gespeicherten Informationen gross wurde, in Zukunft auf Innovationen zur Analyse der Milliarden und Abermilliarden von Daten-Bits, die im 21. Jahrhundert anfallen.
dapd
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