Riesenslalom in Kranjska GoraGut-Behrami zeigt gewaltige Aufholjagd – anderes freut sie aber mehr
Bei ihrer Rückkehr gelingt der Tessinerin ein starker zweiter Lauf – sie wird Fünfte. Eine andere Schweizerin weint derweil Freudentränen.
Am Ende dieses kräftezehrenden Riesenslaloms von Kranjska Gora steht Lara Gut-Behrami doch noch mit einem Lächeln im Zielraum. Für die Tessinerin ist dieses Rennen so etwas wie ein Mini-Comeback. Und das droht ihr gründlich zu missglücken. Im 1. Lauf findet sie den Rhythmus nie, driftet die Tore an – es ist die Fahrweise, die sie sich in den letzten Jahren auszutreiben versuchte. Doch Gut-Behrami, die bei ihrem letzten Rennen, einem Super-G in St. Moritz am 12. Dezember 2021, stürzte und spektakulär über die Fangnetze flog, gelingt eine Reaktion. Die Riesenslalomweltmeisterin arbeitet sich am frühen Nachmittag von Platz 17 auf Rang 5 vor.
Sie überholt damit auch Michelle Gisin und Wendy Holdener, die sich mit den Rängen 10 und 17 begnügen müssen. «Im ersten Lauf fehlte mir die Balance, es passte nicht wirklich viel zusammen. Im zweiten gelang es mir im oberen Teil, mich gut zu bewegen, unten hatte ich mit der Müdigkeit zu kämpfen», sagt Gut-Behrami in die Fernsehkamera.
Die 30-jährige Schweizerin verpasste zuletzt fünf Rennen und konnte kaum trainieren. Allerdings nicht wegen des Sturzes, sondern wegen eines positiven Coronatests. «Es ist schön, dass ich wieder aus dem Haus darf», sagt Gut-Behrami. «Klar wäre ich zuletzt gerne in Lienz gestartet, aber vor allem wollte ich mich wieder frei bewegen mit der Familie und mich normal fühlen. Ich hatte das Gefühl, dass ich gefährlich bin für andere, es war schwierig, damit umzugehen.» Gefährlich für ihre Konkurrentinnen ist sie dann zumindest im zweiten Teil dieses Riesenslaloms.
Gegen die Siegerin ist sie aber chancenlos. Sind sie alle. Sara Hector deklassiert die Konkurrenz. 96 Hundertstel holt die Schwedin heraus auf Tessa Worley. Marta Bassino wird Dritte. Hector übernimmt damit auch die Führung im Riesenslalomweltcup von Mikaela Shiffrin, die Siebte wird.
Mit versteiftem Wirbel sorgt sie für Wirbel
Eine andere Fahrerin muss sich schon beim Start vorkommen wie eine Siegerin: Andrea Ellenberger. Nun ist sie das auch im Ziel von Kranjska Gora. Zumindest so etwas wie eine Siegerin. Als 30. hat sie es gerade noch in den zweiten Lauf geschafft und nutzt dann Startnummer 1 für ein nächstes starkes Resultat. 13. wird die Nidwaldnerin, schlägt sogar Gesamtweltcupsiegerin Petra Vlhova. Und holt im fünften Riesenslalom dieses Winters zum vierten Mal Punkte.
Es ist eine Konstanz, die ihr eine Menge bedeutet. Denn ihre Geschichte ist auch eine Leidensgeschichte. Als Ellenberger 17 ist, reisst ihr erstmals das Kreuzband. Mit 23 zum zweiten Mal. Die Innerschweizerin fällt aus den Kadern des Schweizer Verbandes. Schlimmer ist, dass sie an chronischen Rückenschmerzen leidet, während des Sports, überhaupt im Alltag. Sie entscheidet sich für einen heftigen Eingriff, eine kaputte Bandscheibe wird komplett entfernt, ein Wirbel versteift. Niemand weiss, ob sie je wieder wird Ski fahren können. Sie kann.
Ellenberger arbeitet sich wieder hoch in die Kader, schafft es in der Saison 2019/20 regelmässig in die Top 30, dann folgt der nächste Rückschlag: Im Dezember 2020 reisst erneut das Kreuzband. Einmal mehr muss sie sich zurückkämpfen. Sie meistert auch das.
Im Zielraum von Kranjska Gora fliessen an diesem Samstag die Tränen. «Es ist gerade emotional für mich», sagt Ellenberger. «Es war kein einfacher Weg. Dass ich jetzt zeigen konnte, dass ich es kann, tut gut. Ein riesiger Stein fällt von mir ab.» Auf ihrer Mütze trägt sie das Logo ihres Kopfsponsors: Es ist das Rückenzentrum Thun.
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