Wie es gerade Spass macht
Der 14-jährige Violinist Anatol János Toth aus Milken hat sich für die renommierte Menuhin Competition qualifiziert.

Eine Talentschmiede stellt man sich anders vor – doch im heimeligen Haus der Familie Toth in Milken bei Schwarzenburg weht ein besonders kreativer Wind. In der holzgetäferten Stube steht ein Klavier, prominent mitten im Raum ein Notenständer und – nicht zu übersehen – ein Geigenkoffer.
Die darin verpackte Violine ist eine Leihgabe für Anatol Toth und wird ihn vom 12. bis 22. April an die Menuhin Competition nach Genf begleiten. Als einer von zwei Schweizern hat sich der 14-jährige Anatol für die Teilnahme am internationalen Wettbewerb qualifiziert. Über 300 junge Violinistinnen und Violinisten aus aller Welt haben sich für die Competition beworben. Wie viele Stunden übt er täglich, um sich vorzubereiten? «Im Moment gerade nicht so viel – normalerweise aber drei Stunden pro Tag», sagt der Musiker gelassen.
In der Sprache der Musik zu Hause
Anatols musikalische Gabe hat seinen Weg seit früher Kindheit bestimmt. Als Dreijähriger begann er Violine zu spielen, und von Beginn an fühlte er sich in der Sprache der Musik zu Hause. Seine Eltern Pedro und Judith Toth erzählen, wie er schon als kleiner Junge verschiedene Aufnahmen von Stücken abermals anhörte, imitierte und kritisierte: «Anatol erfasste sofort das Spezifische in verschiedenen Interpretationen. Seine eigene Meinung zum musikalischen Ausdruck kam dabei ganz von selbst.»
Beim Üben komme ihm seine Musikalität manchmal fast in den Weg, sagt Anatol und lächelt verschmitzt. Denn: «Zuerst muss ich erst mal die Noten entziffern und erkennen, was der Komponist eigentlich wollte.» Die Arbeit an der Intonation und den technischen Grundlagen sei das, was am Anfang stehe. Später kämen die Detailarbeit und das Feilen am Ausdruck: «Das Üben bis zur Perfektion braucht viel Disziplin. Ein Stück hingegen reifen zu lassen, braucht vor allem viel Zeit.»
Anatols sachliche Erläuterungen zu seinen Übetechniken, seine musikalische Hingabe lassen einen fast vergessen, dass es sich hier um einen Jugendlichen handelt, dessen Altersgenossen ganz andere Dinge im Kopf haben. Er wirkt erstaunlich erwachsen, wenn er spricht. Da ist eine jugendliche Energie zu spüren, gleichzeitig aber auch eine aussergewöhnliche Contenance. Im Gespräch wirkt er sehr fokussiert, auf gestellte Fragen antwortet er mit Bedacht und mit sorgfältig gewählten Worten.
Anatol Toth und seine zwei Schwestern gehen nicht in die Schule. Unterrichtet werden sie zu Hause. Dies ermöglicht ihnen, nebst der Musik auch viel Zeit für andere Interessen zu haben. «Besonders gerne arbeite ich im grossen Garten», erzählt der Jugendliche. Seine Agenda gibt ihm aber auch einiges an Terminen vor: Mehrmals wöchentlich nimmt er den mehrstündigen Weg nach Basel auf sich. Seit dreieinhalb Jahren ist er ein Protegé von Barbara Doll an der Hochschule für Musik in Basel. Daneben reist er regelmässig an Meisterkurse und Wettbewerbe, die nicht selten in Hamburg, London oder Nürnberg stattfinden.
Menuhin Competition als Sprungbrett
«Die langen Wege sind der Preis dafür, dass es im schweizerischen Musikschul- und Hochschulsystem schwierig ist, das richtige Gefäss für die Förderung von Talenten wie Anatol zu finden», erzählt sein Vater Pedro Toth. Anatol sei im Alter, in dem man normalerweise in die Musikschule gehe, er habe aber musikalisch längst das Hochschulniveau erreicht. «Ich bin gern an der Hochschule, wo ich mich von Musizierenden auf gleicher Ebene inspirieren lassen kann», erzählt der Junge.
In den gegebenen Strukturen sei es schwierig, als junges Talent aus dem stillen Kämmerchen in die Öffentlichkeit zu treten. So sieht Anatol die Menuhin Competition als vielversprechendes Sprungbrett. Natürlich sei sein Ziel, dass er mit richtig grossen Orchestern auftreten könne. Aber zum Wettbewerb zugelassen zu sein, bedeute noch mehr: «Der Ansatz der Competition ist einzigartig. Besonders viele Aktivitäten – Physio, Meisterkurse oder auch gesellschaftliche Anlässe – werden nur für diejenigen angeboten, die den Einzug ins Finale nicht schaffen. Und am Mittag essen immer alle zusammen.» Ein Ansatz also, der als Gegengewicht zur Konkurrenz das Gemeinschaftsgefühl fördert.
Die für die Menuhin Competition einstudierten Stücke sitzen. Trotzdem feilt Anatol täglich noch an kleinsten Details, was ihm viel Disziplin und Ausdauer abverlange. «Die Geduld dafür kann ich aus der Begeisterung für die Musik schöpfen», erzählt er. Die Übezeit aber reduziere er im Vorfeld des Wettbewerbs bewusst, «damit ich die Stücke dann am konzertanten Vorspiel mit frischer Emotionalität spielen kann». Die Vorbereitungen für den Wettbewerb seien nicht das Einzige, was ihn zurzeit beschäftige.
Was er denn sonst noch für Pläne habe? Fast nebenbei erzählt er, dass er im Mai auch noch an der Endrunde der Schweizer Meisterschaft in Schach teilnehmen wird. Ziemlich viel Können also für einen Jungen, der von sich sagt, dass er einfach so viel an sich arbeitet, wie es ihm gerade Spass macht. Das ist dann wohl das, was man Talent nennt.
Menuhin Competition: 12.–22. April, Genf. Infos und Tickets: www.menuhincompetition.org. Mehr über Anatol János Toth: www.toth-music.com.
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