Wie der Onkel, so der Neffe
Remo Käser gewinnt das «Seeländische» in Lyss, Thomas Sempach holt seinen 100. Kranz. Aber: Viele Berner plagen sich mit Verletzungen herum.
Remo Käser war damals noch kein Muskelprotz, sondern ein «niedliches, kleines Baby», wie er schmunzelnd erzählte. 1997 hatte das «Seeländische» letztmals in Lyss stattgefunden, Käser war halbjährig gewesen, als Silvio Rüfenacht zum Sieger ausgerufen worden war. Gestern schwang er selbst obenaus, wie einst sein prominenter Onkel, und Käser meinte stolz: «Offenbar ist das ein toller Ort für unsere Familie.»
Es handelt sich um den fünften Kranzfestsieg in der immer noch jungen Karriere des Oberaargauers. Im Schlussgang war Bernhard Kämpf chancenlos, was überraschte, gilt dieser doch als Käsers Angstgegner. «An und für sich liegt mir sein Stil nicht», resümierte der «Eidgenosse», ergänzend, ein Triumph zu Beginn der Saison sei fürs Selbstvertrauen überaus wertvoll.
Ein paar Schmerztabletten hatte Käser schlucken müssen, weil die Bauchmuskeln ihm nach wie vor Sorgen bereiten. Sein Bauchgefühl jedoch sollte ihn nicht täuschen: Käser spürte, dass sich die offensive Schwingweise im Duell mit Kämpf auszahlen könnte. Und ihm war natürlich bewusst, dass im Falle eines gestellten Schlussgangs Patrick Gobeli den Festsieg geerbt hätte – der aufstrebende Oberländer hatte nach fünf Gängen gleich viele Punkte totalisiert wie Käser.
Sempachs Strahlen
Mit dem Erfolg setzte der 22-Jährige ein Zeichen, ungeachtet der bescheidenen Besetzung am dritten Gauverbandsfest der Saison. Gerne wird moniert, Käser habe den Anschluss an die Orliks, Gigers, Wickis und Reichmuths verloren; geht es um die Anwärter auf den Königstitel, wird er nicht im selben Atemzug wie jenes Quartett genannt. Die Rolle des Jägers liege ihm ohnehin besser, meinte er nur. Und sowieso: Es sei viel zu früh, um Favoritenlisten zu erstellen. «Ich weiss nun jedenfalls, wo ich stehe. Dieser Sieg bedeutet mir viel.»
Nicht minder bedeutend war der Erfolg Thomas Sempachs im sechsten Gang gewesen, eine halbe Stunde vor Beginn des Schlussgangs hatte er ein Stückchen Schwinggeschichte geschrieben. Mit dem abschliessenden Sieg sicherte er sich Kranz Nummer 100, als 9. Berner hat er Aufnahme gefunden im elitären Zirkel, der nunmehr 27 Namen umfasst. Noch selten habe er dem Gegner das Sägemehl lieber vom Rücken geputzt, meinte der einstige Brünig-Champion.
Der Erfolg sei umso wertvoller, wenn er an seine Geschichte denke, sagte der strahlende Sempach, die Freudentränen soeben weggewischt. «Noch vor einigen Jahren durfte ich von solch einer Ausbeute nicht einmal träumen.» Kreuzbandrisse, ausgerenkte Kniescheiben, Schulteroperation, komplexe Fussgelenkblessur – mehr als drei Saisons hat der Emmentaler verpasst. Besser wurde es erst, als Thomas Stauffer, Coach der Schweizer Skifahrer, sein Trainingsprogramm gestaltete. «Vorher hatte ich dies und das gemacht, aber nichts nach System», sagte Sempach.
Stuckis Soft-Ice
Hat der Routinier mittlerweile keinen Grund mehr zu klagen, gehen viele seiner Berner Copains am Stock. Christian Stucki hat Kniebeschwerden, Florian Gnägi plagt sich mit den Folgen eines Schleudertraumas herum, die Absenz der Seeländer Trümpfe am Heimfest wog schwer. Während Gnägi den Organisatoren zur Hand ging und für den Abschlussberichterstatter auf dem Pressewagen eifrig Notizen machte, gab Stucki für die 3500 Zuschauer den Grüssaugust; er posierte mit Fans und Ehrendamen, schleckte am Vanille-Soft-Ice.
Keinen Kilometer vom Festgelände entfernt wohnt der 34-Jährige. Dass er nicht mittun konnte, ärgerte ihn umso mehr, weil er bereits 2006 ein spezielles Fest verpasst hatte: jenes in seiner Heimatgemeinde Diessbach. Auch Simon Anderegg und Ruedi Roschi sind verletzt, Philipp Roth musste nach dem 3. Gang mit Rückenschmerzen aufgeben. «Wir haben ein wenig die Seuche», meinte Berns technischer Leiter, die Stirn in Falten gezogen.
Seine Verletzung auskuriert hat derweil Bernhard Kämpf, der ein Jahr lang wegen seiner lädierten Hüfte pausieren musste. Apropos Familie: Keine zwei Wochen alt ist sein Töchterchen. Dass der Papa nach starkem Comeback von einem niedlichen Baby sprach, versteht sich von selbst ...
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