Wie der «Killer» Trump besänftigen will
Die Erwartungen an Jean-Claude Juncker sind hoch vor dem Treffen mit dem US-Präsidenten. Trump hat Respekt entwickelt für den EU-Kommissionspräsidenten.

Zumindest am Anfang lief noch alles nach Plan. Mit nur 14 Minuten Verspätung hob am Dienstagmittag Flug UA951 in Brüssel ab und nahm Kurs auf Washington. An Bord sass der Mann, der in den USA von höchster Stelle als «brutaler Killer» eingestuft worden ist: Jean-Claude Juncker, der Chef der Europäischen Kommission.
US-Präsident Donald Trump soll den von seiner äusseren Erscheinung her eher wenig furchteinflössenden Luxemburger gleich mehrfach so genannt haben. Die Tatsache, dass der «Killer» zum Showdown im Weissen Haus mit dem Linien- statt mit dem Regierungsflugzeug anreist, erhöht aus Sicht Trumps wohl nur die Rätselhaftigkeit jenes Gebildes namens Europäische Union, das er jüngst zum «Feind» seines Landes erklärt hat.
Fast schon schicksalhafte Bedeutung kommt der heutigen Begegnung Trumps und Junckers zu – jedenfalls gemessen an den Erwartungen, die daran geknüpft sind. «Auf nach Washington», twitterte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kurz vor Abflug, «reise mit Juncker, treffen Donald Trump, um die Handelsbeziehungen zu diskutieren und zu versuchen, die Situation zu deeskalieren.»
Ziel ist nicht weniger, als zu verhindern, dass die laufenden Handelsscharmützel in einen echten Handelskrieg münden. Trump stört vor allem, dass amerikanische Autos bei der Einfuhr in Deutschland oder Frankreich mit 10 Prozent verzollt werden müssen, während umgekehrt meist nur 2,5 Prozent fällig werden. Das Ergebnis ist ein Defizit von fast 15 Milliarden Euro allein im US-Autohandel mit Deutschland.
Killer als Kompliment
Das ist der Moment, in dem interessant wird, was Trump mit dem «brutalen Killer» eigentlich gemeint hat. Es sei wohl als Kompliment zu verstehen, aber er sei sich da nicht so sicher, gab Juncker selbst zu Protokoll. Tatsächlich, so ist in Washington zu hören, hat der US-Präsident bei früheren Treffen durchaus Respekt für den gewieften 63-Jährigen entwickelt, der oft redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, sich nicht ums Protokoll schert und die Interessen der EU auch mal mit derben Sprüchen vertritt. So etwas imponiert Trump.
Im Weissen Haus erwartet man eine Art Demutsgeste der Europäer.
Auf Juncker lastet nun also die Hoffnung, sein Talent im Umgang mit selbstverliebten Staatenlenkern könne Trump doch noch davon abbringen, Strafzölle auf Autoimporte aus der EU zu verhängen. Solche Zölle träfen vor allem die Autoindustrie Deutschlands erheblich, aber auch Zulieferer aus der Schweiz.
Anders als der US-Präsident muss Juncker aber Rücksichten nehmen. Zwar ist die Kommission für den Aussenhandel zuständig, aber Juncker kann Trump nicht weiter entgegenkommen, als es die Mitgliedsstaaten für vertretbar halten.
Frechheit wird nicht reichen, um Trump vom Verzicht auf zusätzliche Zölle von bis zu 25 Prozent zu überzeugen. Im Weissen Haus erwartet man vielmehr ein weitreichendes Angebot, ja eine Art Demutsgeste der Europäer, die es dem US-Präsidenten erlauben würde, sich in dem Konflikt zum Sieger zu erklären und mit grosser Geste auf sämtliche Strafmassnahmen zu verzichten.
Keine einseitige Abrüstung
Ein solch weitreichendes Angebot könnte etwa sein, dass die EU für einige Jahre auf sämtliche Autozölle verzichtet, um Zeit für die Ausarbeitung eines umfassenderen Handelsabkommens mit den USA zu schaffen. Eine solche einseitige Abrüstung jedoch haben mehrere europäische Spitzenpolitiker bereits abgelehnt. So erklärte der französische Finanzminister Bruno Le Maire wiederholt, nicht die EU müsse ihre Zölle vor Gesprächsbeginn zurücknehmen, sondern Trump seine Drohungen. Man werde «nicht mit einer Pistole an der Schläfe verhandeln».
Erschwert wird die Sache noch dadurch, dass es auch in den USA selbst sehr unterschiedliche Ansichten über das weitere Vorgehen gibt. Trump und sein Handelsberater Peter Navarro glauben dem Vernehmen nach, dass die Einführung von Zöllen auf Motorfahrzeuge in umkämpften Autostaaten wie Michigan und Ohio bei den Kongresswahlen im Herbst ein Gewinnerthema wäre. Fast alle anderen Beteiligten, darunter Vertreter der US-Autobranche, der betroffenen Bundesstaaten, ja sogar Hardliner wie der Handelsbeauftragte Robert Lighthizer, warnen dagegen vor möglichen wirtschaftlichen Verwerfungen und dem Zorn der Wähler.
Jetzt bettelten alle
Nach Schätzung des Forschungszentrums CAR würden die geplanten Zölle die Auto-Verkaufspreise in den USA um bis zu 7000 Dollar pro Wagen in die Höhe treiben. Das könnte die Nachfrage erheblich dämpfen und bis zu 715'000 Arbeitsplätze gefährden. Betroffen wären auch die rein amerikanischen Hersteller, da sie viele Komponenten im Ausland einkaufen.
Der Präsident selbst jedoch gibt sich wie immer unbeeindruckt. Alle Staaten, die beim Thema Handel bisher unfair mit den USA umgesprungen seien, würden nun in Washington vorstellig und bettelten um ein Gespräch, schrieb er am Dienstag in seinem morgendlichen Twitter-Rundumschlag. Heute legte er nach und bot der EU einen Deal an: Die USA und die EU sollen auf Zölle und Handelsbarrieren verzichten – «Ich hoffe, sie tun es. Wir sind dazu bereit – aber sie werden nicht!», twitterte er vor dem Treffen mit Juncker.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch