Elitärer Sport?Wie das Engadin alle zum Golf bringen will
Der grösste Feind des Golfsports ist sein elitärer Ruf. Im Engadin hat man sich daher einiges einfallen lassen, um den Sport weiblicher und jünger zu machen.

Schlagort Zuoz-Madulain: Im Clubhaus-Restaurant herrscht zur Mittagszeit reges Treiben. Und trotzdem kommt keine Hektik auf. Entweder man schlürft in aller Ruhe einen «Golfer» – ein alkoholfreies Getränk aus Tonic und Grapefruitsaft – oder gönnt sich nach achtzehn Löchern einen feinen Lunch.
So auch Profigolferin Caroline Rominger, die sich derzeit zwischen zwei Turnieren der Ladies European Tour eine Pause in ihrer Heimat gönnt. Seit dreizehn Jahren konzentriert sich die 38-jährige Engadinerin auf den Profisport – mit Erfolg: «Golf ist meine Passion und gleichzeitig mein Beruf – was will ich mehr?» Rominger wirkt tiefenentspannt und fühlt sich sichtlich wohl zu Hause. Seit ihrer Kindheit schon spielt sie Golf – der Einstieg fiel ihr leicht. «Wir sind eine Sportlerfamilie. Irgendwann entschied ich mich, zusammen mit meinen Freundinnen damit anzufangen – so hat es uns alle zusammen gepackt.»
Golf als Lebensschule
Für Rominger ging es danach steil bergauf; sie machte Karriere und spielt heute nicht nur berufshalber, sondern vor allem auch Golf zum Spass. «Ich kombiniere das Spielerische mit dem Training. Ganz wichtig ist, dass ich zwischendurch mit meinen Freundinnen und Freunden auf den Platz gehen kann.» Der Weg an die Spitze war aber auch steinig. Heute hat der Golfsport zum Glück auch für Frauen eine viel grössere Bedeutung. «Wir verdienen zwar immer noch nur ein Bruchteil der Männer, aber wir können immerhin davon leben.»

Dass sich der Golfsport in den letzten Jahren konstant veränderte. findet Rominger genial. «Golf ist mittlerweile etwas für Alt und Jung und für die meisten erschwinglich», glaubt die Engadinerin. «Ich spiele immer wieder mit Kindern und sehe die Begeisterung in ihren Augen. Golf ist ausserdem eine Lebensschule», glaubt Rominger.
Wo auch die Milliardäre geduzt werden
Auf der Driving Range treffen wir Ramun Ratti, den Geschäftsführer des Engadine Golf Club. Der Bauernsohn ist passionierter Eishockeyspieler und hat das Spiel mit dem kleinen harten Ball als Ausgleich schätzen und lieben gelernt. «Es gibt fast nichts Persönlicheres, als vier Stunden mit Freunden in der Natur zu verbringen. Hier kommt der wahre Charakter eines Menschen zum Vorschein», ist der Engadiner überzeugt. «Golfspielen ist eine Achterbahn der Gefühle. Wer gut mit seinen Emotionen umgehen kann, schneidet am besten ab.»

Ramun Ratti weiss, dass der grösste Feind des Golfsports sein elitärer Ruf ist. Zu Unrecht, wie er meint: «Schauen Sie sich um. Diese Vielfalt, die Lockerheit der Menschen. Hier duzt man sich vom Milliardär bis zum Bauern. Wir gewinnen jedes Jahr neue Menschen dazu und können sie von der Schönheit des Sports überzeugen.» Und das Angebot von Golf Engadin bestätigt Rattis Aussagen (siehe Box). Vom Schnupperkurs über Golf 4 All bis zum kostenlosen Caddie – die Engadiner haben sich einiges einfallen lassen, um neue Zielgruppen zu erschliessen. Zudem wurden mit Profigolferin Caroline Rominger und Ex-Fussball-Nationaltorhüter Pascal Zuberbühler auch prominente Unterstützer als Ambassadeure engagiert.
Sportlicher, weiblicher und jünger
Nicht zu vergessen die Umgebung. «Die Gegend hier ist ein Geschenk. Dieses Licht, diese Berggipfel, das Wasser. Die Natur hier ist einzigartig und unser grösstes Kapital. Wir wissen, wie wir sie nutzen und schützen können», zeigt sich Jan Steiner, Brand Manager der Engadin St. Moritz Tourismus AG, dankbar. Und er ergänzt: «Wir wollen mit unseren Angeboten sportlicher, weiblicher und jünger werden.» Die Voraussetzungen dafür stimmen schon mal.

Und die Szenerie tut das Übrige dazu. Die Sonne senkt sich langsam dem Horizont entgegen. Die Schatten der Lärchen werden länger und fallen auf die satten Wiesen. Die grandiose Weite aber ist das vielleicht Faszinierendste an diesem Hochtal.
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