Widerstand auf Vorrat
Auf dem Gemeindegebiet von Niederhünigen und Freimettigen ist einer von 31 möglichen Standorten für eine Deponie. Entschieden ist noch gar nichts. Aber bereits wird protestiert.

«Aktion pro Frymettige/pro Hünige. Deponie Tal-Vogelegg Nein! Hilfst du mit?» So steht es auf einem Flugblatt, das in alle Haushalte der Gemeinden Freimettigen und Niederhünigen verteilt wurde. Den Text und die Bilder einer idyllischen Landschaft hat der Freimettiger Fritz Roth zu Papier gebracht. Der pensionierte Fachhochschuldozent will diese «Landschaft wie aus dem Bilderbuch», wie er sie nennt, vor Veränderung durch herangekarrtes Material schützen.
«Unter dem Schwerverkehr, der mit den Transporten einherginge, würden die Dorfbewohner von Niederhünigen, Freimettigen und Konolfingen leiden», sagt er. Roth ist einer der betroffenen Grundeigentümer, auf dessen Land im Gebiet Tal-Vogelegg Aushub deponiert werden könnte, einer von 31 möglichen Standorten für eine Aushubdeponie.
Damit soll die Versorgung mit Kies und Entsorgung von sauberem Aushub in einem Zeitraum von bis zu 45 Jahren gesichert sein, wie Jos Aeschbacher, Fachbereichsleiter Raumplanung bei der Regionalkonferenz Bern-Mittelland (RKBM), erklärt. Heute gibt es in der Region Bern zu wenige Orte, wo Aushubmaterial abgelagert werden kann.
Aufruf an Unternehmer
Bis in einer Gemeinde Kies abgebaut oder eine Grube mit Aushub aufgefüllt werden kann, braucht es ein langwieriges Verfahren. Im November 2012 wurde mit einer Ausschreibung interessierten Unternehmern während eines ganzen Jahres die Möglichkeit gegeben, potenzielle Standorte für Abbau oder Deponie einzugeben. Das geschah für Tal-Vogelegg bereits. «Die Unternehmer konnten sich bewerben, um eine Kiesgrube oder eine Deponie zu bewirtschaften», sagt Jos Aeschbacher und betont, dass man sich derzeit noch in der Evaluationsphase befinde.
In der Zwischenzeit haben die Unternehmen Bay AG (Konolfingen) und Isenschmid (Thun-Gwatt) bei der RKBM das Gebiet Tal-Vogelegg als möglichen Deponiestandort eingegeben. Die Unternehmen haben mit den betroffenen Grundeigentümern in Niederhünigen und Freimettigen Kontakt aufgenommen, mit dem Ziel, einen Vorvertrag abzuschliessen.
Dabei gelangte der Unternehmer Niklaus Bay auch an Fritz Roth. Dieser gab Bay schriftlich Bescheid: «Beim geplanten Vorhaben handelt es sich um ein Projekt beispielloser Landschafts-, Umwelt- und Naturzerstörung. Als direkt betroffener Grundeigentümer müsste ich meine Zustimmung geben, damit das Projekt weiterverfolgt werden kann. Ich werde diese Zustimmung nie geben.»
Ahnungslose Gemeinden
Die Standortsuche für Deponien geschieht so diskret, dass die Gemeinderäte von Freimettigen, Niederhünigen und Konolfingen lange nichts davon gemerkt haben. In einem Schreiben an die RKBM halten sie fest, dass es «wünschenswert gewesen wäre, wenn wir als betroffene Gemeinden vom Projekt erfahren hätten, bevor ein besorgter Bürger die Behörden darauf aufmerksam machte.» Dieser Bürger ist der Niederhüniger Fritz Roth.
Der Gemeinderat gibt ihm Rückendeckung. Dazu Barbara Wyss, Vize-Gemeindepräsidentin von Freimettigen: «Wir schlossen uns mit Konolfingen und Niederhünigen zusammen, weil wir Angst vor starkem Lastwagenverkehr haben.» Sie finde es seltsam, dass ein Unternehmer Vorverträge mit Grundstückseigentümern abschliesse, ohne dass die Gemeinde informiert sei. «Niemand wusste etwas davon, bis Roths Flyer im Briefkasten lag.» Dazu Aeschbacher: «Die Gemeinden der RKBM wurden seit Herbst 2012 mehrmals über das Vorgehen und den Projektstand informiert.»
Enteignung möglich
Laut Daniel Wachter, Chef des kantonalen Amts für Gemeinden und Raumordnung (AGR), ist die Standortevaluation der Regionalkonferenz erst eine Vorabklärung. Wachter betont, dass in den Aushubdeponien ausschliesslich sauberes Material gelagert würde. Er hat Verständnis für die Ängste der Bevölkerung vor Umweltverschmutzung und Lastwagenverkehr.
«Alle bauen und produzieren Aushub, und niemand will Deponien», sagt er und hält fest, dass die Regionalkonferenz sowohl die Aufgabe als auch die Kompetenz zur verbindlichen Planung der Aushubentsorgung habe. Im Notfall könne gemäss Gesetz der Kanton mit einer kantonalen Überbauungsordnung einschreiten. Theoretisch könnten Landbesitzer auch enteignet werden.
Von Lastwagenverkehr und Landschaftszerstörung ist man in Tal-Vogelegg aber noch weit entfernt. Demnächst werden die Gemeinden benachrichtigt, ob auf ihrem Boden überhaupt ein Standort als Deponie in Frage kommt.
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