Wettstreit wider den tierischen Ernst
Im Scala spielen Theaterteams gegeneinander statt miteinander. Und werben um die Gunst des Publikums, das Teil des dramatischen Konzepts ist.
Von Marcel Mathieu Die Auseinandersetzung findet nicht auf dem Fussballfeld statt, obwohl während des Abends Schlachtenbummlerstimmung aufkommt. So eine Art Schiedsrichter ist auch da, der als Spielleiter und Inputgeber mit Pfeife und Hupe dafür schaut, dass das Derby nicht aus den Fugen gerät, obwohl sich die Akteure ganz offensichtlich mögen. Die Gelbe Karte wird nicht zur Disziplinierung, sondern zur Unterhaltung gezogen. Es ist die Bühne des Scala in Wetzikon, auf der das Team Anundpfirsich gegen das Team Ohnewiederholung antritt, und weil halt nur wenige Quadratmeter Bretterboden als Arena zur Verfügung stehen, so ficht man hauptsächlich mit Sprache, Mimik und Gesten. Das ist dann so anders als im eigentlichen Theater auch wieder nicht, nur fehlt ein Drehbuch. Es fehlt der Dramatiker, der an seinen Ein- und Ausfällen feilt, bis Wortsinn und Handlung sich in bildhauerischer Schärfe vereinen. Publikum liefert Vorgaben Das Improvisationstheater will indessen ohne klassische Traditionen auskommen, will leichte Kost und schon gar nicht nachhaltig sein. Es will unterhalten – nur für den Moment. Es will nur einen Abend lang über die Bühne huschen, als ob es sich fürchtete, Patina anzusetzen, fett, träge und bieder zu werden. Dieses Ansinnen ruft natürlich nach einem eigenen Konzept. Am Samstagabend im Scala ist es folgendes: Der Spielleiter und das Publikum liefern die Vorgaben für die Szenen. Die sind mal skurril und absurd, mal durchaus dem Leben abgeschaut. Die beiden Theatergruppen improvisieren damit, darüber und dazu. Sie weben ein theatralisches Gespinst, bei dem es letztlich darum geht, damit die Gunst des Publikums einzufangen. Wenn sie es zum Abschluss gebracht haben, erhalten sie Punkte gutgeschrieben, was allerdings nicht so ganz ernst gemeint ist. Kindliche Spielfreude Das Publikum darf entscheiden, welche der beiden Gruppen gewonnen hat, und das macht ihm offensichtlich einen Heidenspass. Da kann es womöglich seine cäsarischen Neigungen ganz unverblümt auskosten: Daumen runter für die einen, Daumen rauf für die anderen. Und dann ist man erst noch ein gewichtiger Teil des Geschehens. Von den Schauspielern und Schauspielerinnen verlangt diese Form des Bühnenspektakels kindliche Spielfreude, eine hellwache Bühnenpräsenz und unbedingtes Vertrauen in alle Mitspieler. Und noch eines: uneingeschränktes Vertrauen in die eigenen komödiantischen Fähigkeiten. Genau darin liegt aber Gefahr: Das könnte zur Vermessenheit ausarten, und das tut es zuweilen auch. Gewiss: Man muss nicht alles schärfen und so zeichnen, als würden wir noch im Zeitalter des Barock leben, aber improvisierte Szenen verbleiben meist in einer skizzenhaften Unreife und sind damit leider auch völlig belanglos.
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