Wer mit wem, das kann eine entscheidende Frage sein
Konstanz wird im Oberaargau grossgeschrieben. Im Grossen Rat kam es zu keinen Sitzverschiebungen. Für Diskussionsstoff nach den Wahlen sorgen Stimmbeteiligung und Listenverbindungen.

Zwei Wochen nach den Wahlen, und noch immer tut sich viel: Analysen werden durchgeführt, komplizierte Rechnungen angestellt und Gedanken zugelassen, was wäre nur, wenn. Die Stimmberechtigten im Oberaargau – oder zumindest gut jeder vierte, lag doch die Wahlbeteiligung bei miserablen 27,7 Prozent – setzen auf Kontinuität. Denn es kam am Wahlwochenende weder zu grossen Überraschungen noch zu Sitzverschiebungen.
Weiterhin sind die 12 Oberaargauer Sitze im Berner Rathaus auf vier Vertreter der SVP, drei Genossen der SP, zwei FDP-Mitglieder sowie auf je eine Politikerin der BDP und der EVP und auf einen Vertreter der EDU verteilt. Eine Umfrage bei den hiesigen Parteipräsidenten zeigt: Die Stimmung nach den diesjährigen Kantonswahlen könnte unterschiedlicher nicht sein. Hier klopft man sich für den Sitzerhalt auf die Schultern, da wird die «unglückliche» Konstellation der Listenverbindungen bedauert. In einer Sache sind sich hingegen alle einig: Die Politikverdrossenheit ist besorgniserregend. Eine Übersicht:
Die FDP

Beatrice Lüthi
«Wir hatten zwei Ziele: Unsere beiden Sitze zu halten und etwas zuzulegen», sagt Beatrice Lüthi, Präsidentin der FDP Oberaargau. Diese seien erreicht worden. «Wir sind glücklich, obwohl wir uns nur minim steigern konnten», so die Langenthalerin. Heuer betrug der Wahlanteil der Liberalen, zusammen mit der in den Augen der Parteipräsidentin sehr wichtigen Jungpartei, 13,8 Prozent. Ihren zweiten Sitz erhielt die FDP erneut als Restmandat. Ein dritter Sitz, betont Beatrice Lüthi, sei überhaupt nie Thema gewesen. Die Verbindung mit der SVP habe sich wiederum gelohnt. «Wenn man will, dass Bürgerliche gewählt werden, muss man sich halt zusammenschliessen.»
Dass sowohl bei den Freisinnigen als auch bei den anderen Parteien alle Bisherigen wiedergewählt wurden, sieht Beatrice Lüthi als Zeichen dafür, dass die Oberaargauer Grossräte nicht am Volk vorbei politisieren. Schockiert sei sie indes von der miserablen Stimmbeteiligung: «Alle Parteien müssen darauf reagieren.» bey
Die SP

Adrian Wüthrich
Adrian Wüthrich, Präsident der SP Oberaargau, ist mit den Grossratswahlen «sehr zufrieden». Es sei ja eigentlich erst die dritte Wahl im heutigen Verwaltungskreis. «Und nun ist unser Wähleranteil erneut gestiegen.» In der Tat, 2014 heimste die hiesige SP 17,7 Prozent ein, heuer waren es deren 19,2. «Zusammen mit der Juso, unserer Jungpartei, konnten wir gar um 2,8 Prozent zulegen», sagt Wüthrich. Einziger Wermutstropfen: «Schade, dass es Links-Grün wiederum nicht für vier Sitze gereicht hat.» Der Grossrat aus Huttwil ist überzeugt, dass Sozialdemokraten, Grüne und auch Grünliberale gemeinsam etwas reissen könnten. «Es wird sich noch zeigen, wie die Konstellation in vier Jahren aussieht.»
Auch Adrian Wüthrich bedauert die tiefe Stimmbeteiligung, findet sie gar bedenklich. «So viele wichtige Geschäfte wie Bildung, Raumplanung und Sicherheit werden auf kantonaler Ebene entschieden.» Die SP-Fraktion plane daher einen Vorstoss, um die Politikverdrossenheit zu bekämpfen. bey
Die SVP

Samuel Leuenberger
Sie ist nach wie vor die stärkste Kraft im Oberaargau: die Schweizerische Volkspartei. Nichtsdestotrotz ist ihr Stimmenanteil leicht zurückgegangen: Vor vier Jahren erzielte sie noch ein Glanzresultat mit 34,6 Prozent, heuer waren es 31 Prozent. Trotzdem ist Präsident Samuel Leuenberger zufrieden. Seiner Meinung nach ist der Verlust von rund 10 000 Stimmen auf das Nicht-mehr-Antreten der beliebten Kandidaten Käthi Wälchli, Thomas Rufener und Christian Hadorn zurückzuführen. Für Letzteren ist Samuel Leuenberger bereits im November in den Grossen Rat nachgerutscht.
«Mit unserem bewährten und beliebten Vertreter Patrick Freudiger und den neuen Grossräten haben wir nun die Chance, in den kommenden vier Jahren eine solide Basis aufzubauen», so der Bannwiler. Dabei betrachtet er sich selbst auch als einen der Neuen. Für eine Partei mit über 30 Prozent Wähleranteile sei es aber schwer, noch weiter zuzulegen. «Wobei es nicht unmöglich ist», wie der Landwirt betont. Auch die Frauenthematik gehe an der Volkspartei nicht spurlos vorbei. So bedauert der Parteipräsident, dass der Sitz von Käthi Wälchli nicht wieder mit einer Parteivertreterin besetzt werden konnte. «Wir haben lange nach Kandidatinnen gesucht, leider hat es für die Wahl letztlich knapp nicht gereicht.» bey
Die Grünen

Christine Badertscher
Schon wieder hat es nicht gereicht und das trotz einem Wähleranteil von 6,4 Prozent. Bereits vor vier Jahren verpassten die Grünen den Einzug ins Kantonsparlament haarscharf: Lediglich 33 Stimmen fehlten der Parteipräsidentin Christine Badertscher damals. Obwohl sie selbst erneut zulegen konnte, waren es heuer deren 650, die den Unterschied ausmachten. Pikant: Mit 2382 Stimmen schnitt sie gar besser ab als die gewählten Johann Ulrich Grädel und Christine Grogg. «Das ist schon ärgerlich», sagt Christine Badertscher. Mittlerweile habe sie sich aber erholt und neuen Mut gefasst. Für die nächsten Wahlen 2022 möchte die Präsidentin des Oberaargauischen Bauernvereins nichts ausschliessen.
Die Listenverbindungen seien einmal mehr negativ für die Grünen gewesen. «Aber wenn wir profitiert hätten, würde ich das sicher anders sehen», zeigt sie sich pragmatisch. Die Grünen wollten ursprünglich eine Verbindung mit den Grünliberalen und der Evangelischen Volkspartei eingehen. «Diese wurden aber vom Kanton zurückgepfiffen und mussten die EDU hinzunehmen», weiss die Madiswilerin. Letztere ist ein rotes Tuch für die Grünen, und so beschloss sie den Rückzug. Trotz aller Spielereien und Rechnereien: Das grösste Übel für die Präsidentin ist die miserable Stimmbeteiligung. bey
Die BDP

Monika Gygax
Einmal mehr war die BDP allein in die Wahlen gestiegen – nicht ganz freiwillig, wie Präsidentin und Grossrätin Monika Gygax einräumt. Sowohl mit FDP wie EVP und GLP habe sie Verbindungsmöglichkeiten sondiert. Allerdings zerschlugen sich die Hoffnungen, weil diese andere Koalitionen eingingen, denen sich die BDP nicht anschliessen mochte. Zum Glück sei dies ohne Folgen geblieben, habe doch der BDP-Sitz aus eigener Kraft gesichert werden können.
Für die Zukunft könne der Alleingang jedoch nicht die einzige Option sein, obschon die Partei nach der Abspaltung von der SVP bewusst so gestartet sei. jr
Die EVP

Christine Grogg
«Sehr zufrieden.» So fällt das Fazit von Christine Grogg, Präsidentin der EVP Oberaargau, aus. Sie sei glücklich, den Sitz im Parlament wieder geholt zu haben. Die Evangelische Volkspartei hat in der Region im Vergleich zu den Wahlen von 2014 1 Prozent verloren, der Anteil betrug heuer 6,4 Prozent. Dabei konnte die Jungpartei indes leicht zulegen. «Das ist nicht besorgniserregend», so die Bützbergerin. «Wir müssen aber gut analysieren, welche Faktoren zu diesem Resultat geführt haben und was das allenfalls für nächste Wahlen bedeutet.» Fest stehe bereits, dass sich die Listenverbindung mit der GLP und EDU bewährt habe. bey
Die GLP

Philippe Groux
«Kleine Parteien müssen sich zusammentun, ansonsten haben sie keine Chance», sagt GLP-Präsident Philippe Groux. «Wären die Grünen in unserer Verbindung gewesen, hätten sie nun einen Sitz.» Die GLP würde einen Pakt mit ihnen begrüssen und hätte eigentlich gute Gespräche geführt. «Wir wurden überhaupt nicht vom Kanton zurückgepfiffen, wie behauptet wird.» Die Präsidentenkonferenz habe gemeinsam beschlossen, an der Verbindung mit der EDU festzuhalten, weil diese in anderen Wahlkreisen der GLP Sitze gesichert habe. Letztlich hat dies den hiesigen Grünliberalen aber nichts gebracht, wie auch Groux einräumt .bey
Die EDU

Johann Ulrich Grädel
Er ist und bleibt das Zugpferd der Oberaargauer EDU: Johann Ulrich Grädel. Vor zwei Wochen gelang ihm die Verteidigung seines Sitzes. Und das obwohl gerade mal 5,8 Prozent der Stimmen an die Eidgenössisch-Demokratische Union gingen. «Wir sind mit der Wahl sehr zufrieden», sagt der Landwirt denn auch. Mit der Unabhängigen Liste (ULO) hätten zusätzlich Stimmen generiert werden können. «Ich kann mir gut vorstellen, bei Wahlen gemeinsam mit der ULO und GLP und EVP weiterzufahren», so Grädel. bey
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