Wenn Zürich den Schiffbau verlieren würde
Worst Case Ab dem 1. Januar schwimmt er, der amtliche Rettungsring: Dann übernimmt die neue Schiffbau-Immobilien AG, an der die Stadt zu zwei Dritteln, die Schauspielhaus Zürich AG zu einem Drittel beteiligt sind, als wirtschaftlich unabhängige Trägerschaft das Mammutgebäude beim Escher-Wyss-Platz. Wir erinnern uns: Anno 2000 wurde Christoph Marthaler Schauspielhaus-Chef, kam, sah und liebte – und verwandelte mit visionärem Blick die alte Werft in eine mehrgliedrige Theaterspielstätte, die alle bezauberte. William Forsythe, Stefan Pucher, Frank Castorf: Sie alle waren schon und wollten noch einmal in die grosse, denkmalgeschützte Halle mit den rund 500 Plätzen. Sie haben dort Überraschungen aufgefahren und regelrechte Theaterwunder geschaffen. Würde das Riesending, das uns von der Hardbrücke aus gesehen mit seinen weissen Lettern entgegenleuchtet, aufgegeben, wäre der Verlust nicht zu beziffern. In dem Haus gibts nicht nur die Halle und zwei kleinere Bühnen, sondern Probebühnen, Werkstätten und Büros. Es pulsiert da der Jazzclub Moods, und man stärkt sich im LaSalle, einem Restaurant mit Bar. Der Multifunktionsbau verkörpert das Beste von Zürich: Offenheit und Mut, Wendigkeit und Urbanität; die Bereitschaft zum Improvisieren und Ausprobieren; das Bekenntnis dazu, dass das Randständige in die Mitte rücken kann. Das Bauwerk wurde von der Industriebrache zum kulturellen Leuchtturm eines Trendquartiers und der ganzen Stadt; vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan, für dessen Schöpfer das wutbürgerliche Volk einst auf die Strasse ging. Zürich ohne Schiffbau? Das ist wie ein Fisch ohne Flossen. Alexandra Kedves
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