Geldblog: Risiken vermeidenWenn die Freude über Börsengewinne zum Steueralbtraum wird
Geldexperte Martin Spieler sagt, was Privatanleger vermeiden müssen, um vom Steueramt nicht als Händler eingestuft zu werden.

Ich habe in der ersten Jahreshälfte 2022 recht intensiv an der Börse Aktien gekauft und teilweise mit Gewinn wieder verkauft. Inzwischen funktioniert dies wegen der schlechten Börsenlage nicht mehr gut und ich mache weniger. Dennoch habe ich gehört, dass man bei intensiver Handelsaktivität Probleme mit dem Steueramt bekommen kann. Stimmt dies beziehungsweise welche Faktoren sollte man berücksichtigen? Leserfrage von C.U.
Die Kurseinbrüche an den Aktienmärkten haben vielen die Lust auf Börsengeschäfte genommen. Viele, die noch im ersten Semester 2022 und davor mit Begeisterung spekuliert hatten, haben sich in der Zwischenzeit an die Seitenlinien verzogen. Manche sitzen trotz der Teilerholung seit Anfang 2023 auf beträchtlichen Buchverlusten und lecken sich die Wunden. Unabhängig davon, ob man auf Buchverlusten sitzt oder nicht, sollte man sich als Privatanlegerin und -anleger immer die steuerlichen Konsequenzen seiner Börsenaktivitäten überlegen.
Wer Aktien hält und diese mit Gewinn verkaufen kann, hat den grossen Pluspunkt, dass er diesen Kursgewinn nicht versteuern muss. Obwohl er die Handelsaktivität in der Steuererklärung ausweisen muss, ist der eigentliche Kursgewinn für Privatanleger steuerfrei. Anders ist es mit Zinsen und Dividenden. Diese muss man als Einkommen versteuern. Gerade weil Kursgewinne steuerfrei sind, ist man als Privatanleger eher motiviert, auch mal häufiger zu spekulieren und sich damit im positiven Falle etwas dazuzuverdienen oder sich vielleicht schöne Ferien zu finanzieren.
In Phasen mit lange mehrheitlich steigenden Kursen wie wir dies nach der Finanzkrise bis Anfang 2022 erlebt hatten, mag dies in vielen Fällen gut gehen. In Bärenmärkten wie wir sie im letzten Jahr mehrheitlich erlebten, ist dies schon wesentlich anspruchsvoller, obwohl man auch in sinkenden oder seitwärts tendierten Märkten durchaus erfolgreich spekulativ tätig sein kann.
Bei einer Einstufung als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler riskiert man, dass man plötzlich hohe Steuern zahlen muss, weil die realisierten Kursgewinne dann nicht mehr steuerfrei sind.
Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass dies unter Umständen trotz an sich steuerfreien Kursgewinnen negative steuerliche Folgen haben kann. Wenn jemand an der Börse sehr aktiv ist, kann dies tatsächlich zu Problemen mit dem Steueramt führen wie Sie dies in Ihrer Frage ansprechen. Es kann allenfalls zur Folge haben, dass man als Privatperson von den Steuerbehörden als sogenannt gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird.
In dieser Konstellation gelten steuerlich andere Regeln: Dann sind nämlich die Kursgewinne nicht mehr steuerfrei, sondern müssen versteuert werden. Immerhin können dann auch Verluste in der Steuererklärung angerechnet werden, was man als Privatanleger nicht kann. Dennoch riskiert man bei einer Einstufung als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler, dass man plötzlich hohe Steuern zahlen muss, weil eben die realisierten Kursgewinne dann nicht mehr steuerfrei sind.
Keine Angst vor einer Einstufung als gewerbsmässiger Händler müssen Sie haben, wenn Sie Wertschriftengeschäfte nur gelegentlich tätigen, die Papiere länger behalten, nur mit eigenem Ersparten handeln und die mit den Börsengeschäften gemachten Einkünfte nur einen kleinen Teil ihrer jährlichen Einnahmen ausmachen, weil Sie das Haupteinkommen aus einer anderen hauptberuflichen Tätigkeit und nicht aus den Börsengeschäften generieren.
Generell würde ich auch aus Sicherheitsgründen nur mit eigenem Geld und nie auf Kredit spekulieren – nicht nur aus Steuergründen.
Heikel wird es indes, wenn man zu einem rechten Teil von seinen Börsengeschäften lebt. Zu den Kriterien, welche dazu führen könnten, dass einem die Steuerbehörden als gewerbsmässigen Wertschriftenhändler taxieren, gehören etwa sehr hohe Erträge aus den Börsengeschäften – insbesondere, wenn Ihre realisierten Gewinne aus den Wertschriftentransaktionen mehr als die Hälfte Ihres jährlichen Einkommens ausmachen. Ein Kriterium für die Einstufung als gewerbsmässiger Trader ist auch die Zeit, während der Sie Ihre Wertschriften halten: Wenn Sie die gekauften Wertschriften zum Beispiel nur einige Stunden, ein paar Tage oder Wochen behalten und gleich wieder zu einem höheren Preis abstossen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie vom Steueramt als professioneller Händler eingestuft werden, bereits deutlich.
Neben der Haltedauer schauen die Steuerbehörden auch auf Ihr Transaktionsvolumen, das Sie in Ihrer Steuererklärung ausweisen müssen. Bei hohem Handelsvolumen werden die Steuerbehörden sensibel. Wenn Ihr Transaktionsvolumen pro Jahr ein Mehrfaches Ihres Depotwertes ausmacht, läuft man eher Gefahr als gewerbsmässiger Händler angesehen zu werden. Dies gilt auch, wenn man auf Kredit spekuliert – wenn Sie beispielsweise Lombardkredite für Ihre Börsengeschäfte nutzen, kann dies für den Fiskus ein Kriterium für die Einstufung als gewerbsmässiger Händler sein.
Generell würde ich auch aus Sicherheitsgründen nur mit eigenem Geld und nie auf Kredit spekulieren – nicht nur aus Steuergründen. Ein weiteres Kriterium kann die intensive Nutzung von strukturierten Produkten sein, wobei damit nicht Instrumente zur Absicherung gemeint sind, sondern Instrumente wie Call-Optionen oder Futures etc.
Diese genannten Kriterien und Umstände sind nicht abschliessend. Die Steuerbehörden prüfen bei Anhaltspunkten immer den konkreten Fall. Aus meiner Sicht sollte man möglichst keine Anhaltspunkte bieten, damit die Steuerbehörden auf die Idee einer Taxierung als gewerbsmässiger Händler kommen, zumal man mit dem Anlagerisiko bereits genug Risiken trägt. Indem man die erwähnten Kriterien ausschliesst, sind die diesbezüglichen steuerlichen Risiken zumindest gering.
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