«Wenn das Video echt ist, sind wir angewidert»
Mit dem 31-jährigen Steven Sotloff soll ein weiterer US-Journalist von IS-Kämpfern enthauptet worden sein. Washington nimmt Stellung, ebenso die Familie – und die Jihadisten drohen mit einer Eskalation.
Die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat hat aus Vergeltung für US-Luftangriffe im Irak offenbar einen zweiten gefangenen amerikanischen Journalisten enthauptet. Am Dienstag wurde im Internet ein Video veröffentlicht, in dem die Jihadisten eine Person köpfen, bei der es sich um den 31-jährigen Steven Sotloff handeln soll (* das Video wurde von den USA inzwischen als echt eingestuft – siehe update ganz unten). Zuvor hatte bereits das auf die Beobachtung von Terrorgruppen spezialisierte Institut SITE von dem Video berichtet.
Erst vor knapp zwei Wochen war ein ähnliches Video aufgetaucht, in dem der US-Journalist James Foley in Syrien enthauptet wurde. Die US-Regierung hatte es als authentisch eingestuft. Ob auch das nun unter dem Titel «Eine zweite Botschaft an Amerika» veröffentlichte Video echt ist, konnte zunächst nicht eindeutig geklärt werden.
Video nicht über Twitter verbreitet
Das US-Aussenministerium teilte mit, dass die Echtheit des Videos mit dem Titel «Zweite Botschaft an Amerika» geprüft werde. «Wenn es echt ist, dann sind wir angewidert von diesem brutalen Akt», sagte die Aussenamtssprecherin Jen Psaki. «Unser Mitgefühl gilt Sotloffs Familie.» Der britische Premierminister David Cameron erklärte, die Aufnahmen würden eine «absolut ekelhafte, verachtenswerte Tat» zeigen.
Ein Sprecher der Familie Sotloff, Barak Barfi, sagte, die Angehörigen hätten das Video gesehen und trauerten um den Reporter. Sotloffs Familie bestätigte in einer Erklärung indirekt die Echtheit des neuen Videos. «Die Familie weiss um diese schreckliche Tragödie und trauert im Kreis der Angehörigen», heisst es in einer kurzen Stellungnahme. «Während dieser schwierigen Zeit wird es keine öffentlichen Äusserungen der Familie geben.»
Die Mutter von Steven Sotloff bat via Youtube um Gnade für ihren Sohn. (Video: Youtube/AP)
Sotloffs Mutter hatte den IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi kürzlich in einem Video noch um Gnade für ihren 31-jährigen Sohn gebeten. Der Reporter stammt aus Miami im US-Bundesstaat Florida. Als freier Mitarbeiter schrieb er unter anderem für die Zeitschrift «Time», die Wochenzeitung «Christian Science Monitor» und das Magazin «Foreign Policy».
«Ich bin zurück, Obama»
«Wir sind schockiert und betrübt über die Berichte über den Tod von Steven Sotloff», sagte «Time»-Chefredakteurin Nancy Gibbs. Der Journalist habe «sein Leben gegeben, damit Leser Zugang zu Informationen aus einigen der gefährlichsten Orten der Welt haben». Der für den Nahen Osten zuständige Redaktor bei «Foreign Policy», David Kenner, nannte Sotloff einen «tapferen und talentierten Reporter».
«Wenn das Video echt ist, sind wir angewidert»: Die US-Aussenamtssprecherin nimmt Stellung zu den Gerüchten. (Video: Reuters)
Die geköpfte Person ist in dem Video in einen ähnlichen orangen Overall zu sehen, wie ihn Sotloff bereits in dem Video von Foley getragen hatte. Die Kämpfer hatten damals gedroht, auch ihn zu töten, sollten die USA ihre Luftangriffe auf den Irak nicht einstellen.
Der Jihadist, der die mutmassliche Enthauptung Sotloffs verübt, begründet die Tat mit den anhaltenden Angriffen. «Ich bin zurück, Obama. Und ich bin zurück wegen Deiner arroganten Aussenpolitik gegen den Islamischen Staat ... trotz unserer ernsten Warnungen», sagt der Kämpfer. Am Ende droht er mit der Tötung eines dritten Gefangenen, des Briten David Cathorne Haines. Laut einem Bericht der US-Zeitung «New York Times» handelt es sich um denselben Mann, der Foley getötet hat.
Republikaner fordern Strategie
US-Präsident Barack Obama müsse «der amerikanischen Bevölkerung und dem Kongress erklären, wie wir mit dieser Bedrohung umgehen», sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im Repräsentantenhaus, Ed Royce, am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Royce kündigte an, Aussenminister John Kerry in der kommenden Woche vor seinem Ausschuss zu den Plänen der Regierung befragen zu wollen. Obama brach am Dienstag zu seiner Reise nach Estland und zum NATO-Gipfel in Wales auf, ohne sich vor dem Abflug öffentlich zu dem Hinrichtungsvideo zu äussern.
Josh Earnest, Sprecher des Weissen Hauses, bestätigt die Echtheit des Videos noch nicht. (Video: Youtube/BBC)
«Die gleiche Barbarei»
«Reporter ohne Grenzen» zeigte sich in einer Mitteilung schockiert. Wie bei der ersten Tat vor zwei Wochen sei es «die gleiche Prozedur, die gleiche Barbarei», hiess es in einer Mitteilung in der Journalistenorganisation in Paris.
Auch Frankreichs Präsident François Hollande verurteilte die angebliche Enthauptung als abscheulich. Wenn die Berichte über die Exekution bestätigt würden, zeige dieser barbarische Akt den schändlichen Charakter der Organisation. Hollande sprach nach Angaben des Élysée von Dienstagabend von einer Herausforderung der Freiheit durch den Terror.
* Update vom Mittwoch, 10: 30 Uhr Die USA haben das Video von der Enthauptung des Journalisten Steven Sotloff durch die Extremisten der Gruppe Islamischer Staat als authentisch eingestuft. Das teilte ein Sprecher der Regierung in Washington am Mittwoch mit.
AFP/sda/AP/wid/fko/chk
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