Wenn das Defizit sinnvoll ist
Drei Jahre nach der Steuererhöhung dürfte Oberburg 2018 rote Zahlen schreiben. Dieser Verlust sei gewollt, um die Reserven bei den Spezialfinanzierungen zu reduzieren.

Der Souverän von Oberburg sagte 2014 Ja zu einer Erhöhung der Steuern auf 1,94 Einheiten, damit die Gemeinde ihre Verpflichtungen erfüllen konnte. Für 2018 werden nun wieder rote Zahlen budgetiert. Wie schlecht steht es um die Finanzen?Gemeinderatspräsidentin Rita Sampogna (Unabhängige Ortspartei): Es geht uns weder sehr gut noch sehr schlecht. Dank der 2014 vom Volk gutgeheissenen Steuererhöhung können wir uns über Wasser halten.
Im Oktober 2013 sprachen Sie in einem Interview mit dieser Zeitung vom drohenden Ruin. Nun sieht das Budget 2018 ein Minus von 82 000 Franken vor. Steht die Gemeinde heute am gleichen Punkt wie damals?Sampogna: Nein. Als Folge der Steuererhöhung konnten wir in den letzten Jahren Ertragsüberschüsse ausweisen. Es war richtig, damals einen Break zu machen, akribisch nach Verbesserungen zu suchen und diese umzusetzen. Entgegen kommt uns das neue harmonisier-te Rechnungslegungsmodell (HRM2), sodass wir heute buchhalterisch besser dastehen, ohne mehr Cash zu haben. Das Defizit von 82 000 Franken bezieht sich zudem nur auf die Spezialfinanzierungen. Im steuerfinanzierten Haushalt weisen wir, vor zusätzlichen Abschreibungen, einen Gewinn von 21 000 Franken aus. Wir sind somit wieder auf dem aufsteigenden Ast.
Andrea Gschwend-Pieren, Gemeinderätin und Grossrätin (SVP): Von einem Ruin sind wir heute weit entfernt. Aber es gibt auch keinen Grund, Luftsprünge zu machen. Denn in den kommenden Jahren stehen Investitionen an, die in Form von Abschreibungen wieder Folgekosten nach sich ziehen werden.
Mit Blick auf die roten Zahlen im Budget 2018 scheint die letzte Steuererhöhung nicht eben nachhaltig gewesen zu sein.Sampogna: Eine erneute Erhöhung der Steuern auf über 2 Einheiten kommt für uns nicht infrage, weil wir damit ein falsches Zeichen setzen würden. Für das Budget 2018 haben wir mit einer gleich bleibenden und einer tieferen Steueranlage gerechnet. Letzteres kann für uns aber kein Thema sein, weil wir uns selbst bei gleich bleibendem Steuersatz ab 2019 nur noch knapp über Wasser halten können.
Gschwend-Pieren: Wir haben extra ein Tool gemacht, mit welchem wir rasch erkennen können, was passiert, wenn wir die Steuern massiv senken, erhöhen oder die Investitionen auf null reduzieren würden. Es zeigte sich, dass wir für den Moment den eingeschlagenen Weg weitergehen müssen.
Martin Zurflüh, Gemeindeverwalter: Sagt der Grosse Rat im November Ja zum Entlastungspaket, wird uns dies hart treffen. Denn sollten wir zum Beispiel auf die Subventionierung der Schülertransporte verzichten müssen, entgehen uns jährlich mehrere Zehntausend Franken.
«Wir wollen ein Zeichen setzen und den Hausbesitzern zeigen, dass sie uns wichtig sind.»
Trotz unsicherer Entwicklung der Finanzen wollen Sie die Liegenschaftssteuer senken. Warum?Sampogna: Wir wollen ein Zeichen setzen und den Hausbesitzern zeigen, dass sie uns wichtig sind. Zu unseren Bewohnern tragen wir nicht nur Sorge, wir wollen auch neue dazugewinnen.
Zurflüh: Obwohl wir die Liegenschaftssteuer drei Jahre nach der Erhöhung wieder senken, wird aufgrund der ausgeübten Bautätigkeit nicht weniger Geld in unsere Kasse fliessen.
Haben Sie bei der Budgetierung mit dem Worst-Case-Szenario gerechnet, sodass nun ein Aufwandüberschuss resultiert?Sampogna: Nein, wir haben keine Reserven eingebaut. Jeder Budgetposten wurde geprüft und dann entsprechend in den Voranschlag eingesetzt.
Zurflüh: Nach altem Rechnungssystem hätten wir im nächsten Jahr sogar einen Einnahmeüberschuss erzielt. Die Defizite sind entstanden, weil wir die Spezialfinanzierungen nach HRM2 separat ausweisen müssen.
Der bernische Grosse Rat, dem Sie, Andrea Gschwend-Pieren, angehören, schnürt wie erwähnt im November ein Sparpaket. Die Stossrichtung Ihrer Partei und die Interessen Ihrer Gemeinde werden dabei nicht immer kongruent sein.Gschwend-Pieren: Das wird eine Schwierigkeit sein. Da werde ich tatsächlich teilweise etwas zwischen Stuhl und Bank geraten. Denn es gibt Punkte in diesem Sparpaket, die ich nicht unterstützen kann.
Zum Beispiel?Gschwend-Pieren: Die vom Regierungsrat anvisierte Streichung des Beitrags an die Schülertransporte lehne ich beispielsweise ab. Wenn der Kanton die Last einfach auf die Gemeinden abschiebt, ist dies doch keine Sparmassnahme.
«Wenn der Kanton die Last einfach auf die Gemeinden abschiebt, ist dies doch keine Sparmassnahme.»
Droht bei einer Kostenabwälzung vom Kanton auf die Gemeinden für das Jahr 2019 eine Steuererhöhung?Sampogna: Der Gemeinderat beobachtet die finanzielle Entwicklung sehr genau, eine mögliche Steuererhöhung war bis jetzt aber nie ein Thema. Das Ziel müsste ohnehin eine Senkung der Steuern sein.
Wie beurteilen Sie die finanziellen Zukunftsaussichten der Gemeinde Oberburg?Sampogna: Wir werden nie eine Gemeinde sein, die grosse Sprünge machen kann. Wenn wir uns im Steuervergleich mit den anderen bernischen Gemeinden im Mittelfeld bewegen und investieren können, sind wir zufrieden.
Zurflüh: Unsere Planung zeigt, dass wir in den nächsten Jahren Mühe haben werden, die Investitionsfolgekosten bezahlen zu können. Freiwillige Aufgaben haben wir gestrichen, weil wir uns solche nicht leisten können. Positiv wird sich die Umfahrung des Dorfes auswirken, zumal bereits einige Häuser gekauft, verkauft oder saniert wurden oder noch werden. Die neue Nutzung des Wohneigentums wird für uns eine grosse Chance sein.
Gschwend-Pieren: Wir dürfen nicht schwarzmalen, müssen aber die Gemeindefinanzen stets wachsam im Auge behalten. Das Budget des steuerfinanzierten Haushalts weist ja für 2018 einen kleinen Ertragsüberschuss aus. Es gilt nun den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Was mir sehr viel mehr zu denken gibt, sind die finanziellen Zukunftsaussichten, die eine Gemeinde nicht beeinflussen kann, wie beispielsweise die stetig steigenden Kosten des Lastenausgleichs Sozialhilfe.
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