«Wenden wir doch das aktuelle Strafgesetz strikt an»
AusschaffungsinitiativeEidgenössische Abstimmung vom 28. November Keine Macht den Rattenfängern. «Ausschaffen» ist im Moment Mode. Krethi und Plethi grölen Schlagwörter gegen «kriminelle Ausländer», angeführt von den Gleichen, die sie einst zum Arbeiten in die Schweiz geholt und an ihnen nicht schlecht verdient haben. Wenn es dann aber um Steuerhinterziehung, Finanzspekulation oder aktuell um Mindeststeuern für diese Reichen geht, die uns sogar mit Wegzugsdrohungen erpressen, heisst es: Habt Nachsicht, die brauchen wir, stimmt also Nein. Wenden wir doch das aktuelle Strafgesetz strikt an, aber machen wir aus unserer Bundesverfassung kein Ausländer-Strafgesetz! Also Nein und Nein. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich – diesen Satz müssten wir sonst ja aus den Lehrbüchern streichen. Wer Rattenfängern Macht gibt, wird deren Macht über kurz oder lang selbst erleben – und selbst zur «Ratte» werden. Schön wärs, wenn wir in der Politik nicht solche Bilder bemühen müssten. Willy Nabholz, Ennetbaden EU-Gerichtshof nicht zuständig. Verschiedentlich wird behauptet, das Personenfreizügigkeitsabkommen lasse nur in wenigen Fällen eine Ausschaffung straffälliger EU-Bürger zu, und die Initiative widerspreche deshalb dem Freizügigkeitsabkommen. Dies ist falsch: Es entspricht auch den Grundsätzen des Freizügigkeitsabkommens, dass gefährliche Straftäter ausgeschafft werden können. Selbst wenn die EU der Ansicht sein sollte, die Ausschaffungspraxis der Schweiz sei zu streng oder unterliege anderen Verfahren als in der EU, kann der EU-Gerichtshof in Luxemburg die schweizerischen Wegweisungsentscheide nicht aufheben. Mit der Unterzeichnung der bilateralen Verträge zur Personenfreizügigkeit hat sich die Schweiz explizit nicht der Rechtsprechung des EU-Gerichtshofs unterworfen. Adrian Bergmann, Meilen Langer Gesetzgebungsprozess. Die SVP-Initiative hat Mängel. Die Bundesverfassung verlangt, dass wir verhältnismässig handeln, doch die Initiative wirft Bagatelldelikte und Schwerverbrechen in den gleichen Topf. Die Umsetzung der Initiative wäre eine langwierige Sache, denn ein Gesetzgebungsprozess könnte drei bis vier Jahre dauern. Wegen des Widerspruchs zum Völkerrecht werden die Gerichte auch noch Entscheide treffen müssen, was weitere kostbare Zeit in Anspruch nimmt. Es gibt Linke, denen es lieber ist, dass die Initiative angenommen wird und nicht der Gegenentwurf. Die Initiative lasse sich ja ohnehin nicht umsetzen, meinen sie. Diese Haltung nimmt in Kauf, dass eine schlechte Initiative angenommen wird und so auch Menschenleben gefährdet werden. Das ist ein Zynismus, den ich unerträglich finde. Wird der Gegenvorschlag angenommen, kann er ohne grosse Umschweife in Gesetzeskraft treten. Ich stimme für den Gegenvorschlag, weil ich bis zur Ausschaffung gesetzlich und gesellschaftlich nicht anpassungsfähiger Menschen nicht noch zusätzliche drei bis vier Jahre warten will. Josef Jakob Gerzner-Marschall, Lachen Bereits strenge Praxis. Das Juristengremium Justitia et Pax, das die Schweizerische Bischofskonferenz berät, kommt zum Schluss, dass die Initiative unnötig sei, weil die Schweiz mit einem der strengsten Ausländergesetze in Europa bereits eine strenge Ausschaffungspraxis bei kriminellen Ausländern handhabt. Sie führt weiter aus, dass damit bloss die Ausländerfeindlichkeit angeheizt wird und kein Beitrag zur Lösung des Problems der Kriminalität geleistet wird (www.juspax.ch). Das hat Gewicht. Die Initiative nützt also höchstens der SVP, welche einmal mehr mit dem Thema Angst Wähleranteile für sich gewinnen will, ohne Rücksicht auf den immensen Schaden, den sie anrichtet. Mit der Umsetzung der Initiative würden nämlich internationale Konventionen wie Nichtdiskriminierung, Schutz vor Willkür usw. verletzt. Zudem sind diese Grundsätze auch die Grundprinzipien unseres Rechtsstaates. Es ist sehr beschämend, dass die Partei, die sich schon im Namen als schweizerisch verkauft, diese Grundsätze verraten will. Kommt dazu: Ausgerechnet die SVP, die bei jeder Gelegenheit gegen die angebliche Gefahr durch den Islam anschreit (ein weiterer ergiebiger Bereich im Geschäft mit der Angst), will jetzt mit dieser Initiative so etwas wie eine Schweizer Scharia einführen und unsere Gesellschaft damit radikalisieren. Dies wahrscheinlich frei nach dem Motto: «Wir brauchen keine Mullahs, wir haben ja die SVP.» Lassen wir uns nicht Angst machen, stimmen wir bei dieser beschämenden, unnötigen Initiative Nein und beim Gegenvorschlag ebenfalls. Peter Klaus, Langenthal Keine Opfer fehlender Integration. Ungeachtet der Herkunft wird jeder Mensch von der Schweizer Justiz gleich behandelt. Daran ändert auch die Ausschaffungsinitiative nichts. Gleiche Strafe für gleiches Verbrechen. Nach Verbüssung der Strafe machen viele Staaten bei ausländischen Tätern vom Recht Gebrauch, diese in ihr Heimatland auszuschaffen. Nur spricht dort niemand von Doppelbestrafung, Rassismus und einer Justiz, die nach der Herkunft eines Täters urteile. Welches unserer Nachbarvölker käme zum Beispiel auf die Idee, die Schuld an Ausländerkriminalität bei sich selbst zu suchen? Genau das tut aber der Gegenvorschlag mit dem Integrationsartikel. Dieser will ausländische Straftäter primär als Opfer fehlenden Integrationswillens unsererseits darstellen. Peter Muggli, Schaffhausen Gastfreundschaft missachtet. In kaum einem anderen Land leben so viele Ausländer wie in der Schweiz. Ein grosser Teil davon respektiert unsere Gesetze. Viel zu viele Ausländer missachten jedoch unsere Gastfreundschaft. Sie begehen schwere Straftaten, bedrohen unser Eigentum sowie unser Leben. Unsere direkte Demokratie erlaubt zum Glück die Korrektur von Missständen. Die Zeit ist gekommen, wo – wie Gottfried Keller sagte – der Bürger vor das Haus treten und selber zum Rechten schauen muss. Die Volksabstimmung vom 28. November 2010 bietet uns Gelegenheit dazu. Kurt Spillmann, Dübendorf «Die SVP will mit dem Thema Angst Wähleranteile für sich gewinnen ohne Rücksicht auf den Schaden, den sieanrichtet.»
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