Wegen giftiger Dämpfe verklagt
Experten warnen schon lange vor dem aerotoxischen Syndrom. Nun haben Flugbegleiterinnen die Firma Boeing verklagt.

Vanessa Woods erwachte, als sie am Küchenboden lag. Sie blickte auf und sah eine ihrer Kolleginnen, die über eine Sauerstoffmaske atmete und zusammenhangsloses Zeug redete. Beide waren sie zuvor an Bord der Boeing 737-800 von Alaska Airlines ohnmächtig geworden. Zwei weitere Flugbegleiterinnen verloren zwar nicht das Bewusstsein, fühlten sich aber ebenfalls sehr schlecht. Flug AS 769 vom 12. Juli 2012 musste deshalb unplanmässig in Chicago landen.
Drei der vier Betroffenen konnten seither nicht mehr arbeiten. Zitteranfälle sowie Nerven- und Gedächtnisprobleme machten ihnen bis heute zu schaffen, sagen sie. Und dafür wollen die Flugbegleiterinnen nun Boeing zur Rechenschaft ziehen. Sie verklagten den amerikanischen Flugzeugbauer und verlangen Entschädigung wegen mentaler und körperlicher Beeinträchtigung durch giftige Dämpfe an Bord der 737. «Ich war gesund, bis ich in dieses Flugzeug stieg. Seither bin ich nicht mehr dieselbe», so Woods zur TV-Sendung «Today».
Boeing-Mitarbeiter warnte 2007
Die Atemluft in der Kabine und im Cockpit wird bei den meisten modernen Flugzeugen ungefiltert über die Triebwerke gewonnen – bei Boeing, Airbus und den anderen Herstellern. Der Fachausdruck dafür heisst Zapfluft. Verbrennt Triebwerksöl, kann es sein, dass giftige Dämpfe entstehen, die in den Passagierraum gelangen. Es entsteht das Nervengift TCP. Boeing habe seit den Fünfzigerjahren von der Gefährlichkeit und Schädlichkeit dieses Systems gewusst, so die vier klagenden Flugbegleiterinnen. Sie zitieren dabei eine E-Mail eines Mitarbeiters des amerikanischen Flugzeugbauers. Darin steht: «Ich glaube, es muss zuerst einen Grabstein geben, bevor jemand mit genug Macht sich dafür interessiert.»
Auch Experten warnen schon lange vor dem sogenannten aerotoxischen Syndrom. «Man weiss seit 1954, dass es extrem schädlich ist, Dämpfen von erhitztem synthetischem Maschinenöl ausgesetzt zu sein. Und es gibt ganz klare Hinweise auf eine erhöhte Häufigkeit solcher Gesundheitsprobleme bei Flugbegleitern und Piloten», sagte Susan Michaelis, ehemalige Pilotin und heute Beraterin für Bord-Gesundheit in einem Interview mit «Aerotelegraph». Die Häufigkeit von Arbeitsunfähigkeit und Tod sei bei Piloten 400 Prozent grösser als bei Berufsgruppen, die nicht solchen Dämpfen ausgesetzt sind.
Atemprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Übelkeit
Kurzfristig sind die Folgen des aerotoxischen Syndroms brennende Augen und juckende Nase, Atemprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Übelkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen oder auch ein Gefühl eingeschlafener Körperteile. Langfristig klagen die Betroffenen über chronische Müdigkeit, Atem- und Herzprobleme, Nervenprobleme, Verdauungsstörungen und chemische Überempfindlichkeit.
Aerotelegraph.com/lf
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