Reaktion nach GastbeitragDeutscher Fernsehsender beendet Zusammenarbeit mit Nemi El-Hassan
Der Moderatorin wurde Antisemitismus vorgeworfen. Dagegen wehrt sie sich in einem Artikel, in dem sie auch ihren Arbeitgeber WDR kritisiert. Nun darf die Journalistin die Wissenschaftssendung «Quarks» nicht moderieren.

Der Westdeutsche Rundfunk hat sich endgültig entschieden: Die Journalistin und Ärztin Nemi El-Hassan darf das Wissenschaftsmagazin «Quarks» nicht moderieren. Das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit sei nicht mehr vorhanden, teilte der Sender in einer Stellungnahme mit. Zuvor hatte sich El-Hassan in einem Gastbeitrag in der «Berliner Zeitung» kritisch gegenüber ihrem Arbeitgeber geäussert. Die Moderatorin wirft dem Sender vor, sich von der negativen Berichterstattung der «Bild» über ihre Person beeinflussen zu lassen. Der WDR wiederum bezeichnet dies jedoch als «unsinnig». Die Beendigung der Zusammenarbeit habe damit zu tun, dass die Auseinandersetzung um ihre Person zu einer unangebrachten Politisierung der renommierten Wissenschaftssendung geführt habe. Doch was war passiert?
Auslöser dieses Streits ist El-Hassans Teilnahme an israelkritischen Al-Quds-Demonstrationen. Dort kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Ausschreitungen. Auch 2014, als El-Hassan mitlief, riefen Teilnehmer zur «Vergasung» auf; es wehten Fahnen der Terrororganisation Hizbollah. Auf Social Media wurde die Palästinenserin darauf als Islamistin und Antisemitin beschimpft. Dazu kamen die Artikel in der «Bild»-Zeitung, die es auf eine Demontage ihrer Person abgesehen hätten, wie die 28-Jährige schreibt. Dies, obwohl sie sich für die Teilnahme an den Demos entschuldigt und Likes zu umstrittenen Posts wieder entfernt habe. Dass die junge Moderatorin Likes wieder zurückgenommen habe, habe man erst aus den Medien erfahren, sagt eine Sprecherin des WDR zur «Süddeutschen Zeitung», und dies obwohl der Sender mit der Moderatorin «im intensiven Austausch war».
«Natürlich darf auch die ‹Bild›-Zeitung zur Vergangenheit einer öffentlichen Person recherchieren und Fragen stellen», schreibt El-Hassan in ihrem Gastbeitrag weiter. Doch es gebe Grenzen zwischen kritischer journalistischer Arbeit und einer gezielten Kampagne zur Demontage einer Person. Die Kampagne gegen sie sei in rechten Foren von langer Hand vorbereitet worden. Dort verfolge man das Ziel, möglichst viele Menschen muslimischen Glaubens aus der Öffentlichkeit hinauszudrängen, fährt El-Hassan im Beitrag weiter fort.
«Ich bin und bleibe Palästinenserin.»
Sie nehme für sich das Recht in Anspruch, die israelische Regierung zu kritisieren. Dies werde ihr in Deutschland mit seiner Holocaust-Vergangenheit aber nicht zugestanden. «Ich bin und bleibe Palästinenserin, ob das der deutschen Öffentlichkeit nun genehm ist oder nicht.» Solche Aussagen sind dem WDR offenbar zu viel. Geprüft würde nun aber, ob El-Hassan allenfalls als Autorin für «Quarks» weiterarbeiten könne.
Von einer Beeinflussung durch Medien will der Sender jedenfalls nichts wissen: Der Entscheid, die Zusammenarbeit mit der Moderatorin aufzulösen, sei unabhängig von der medialen Berichterstattung und dem öffentlichen Druck gefallen. Man habe sich sorgfältig und umfangreich beraten. Die Verantwortlichen wollten die Karriere der jungen Journalistin nicht leichtfertig behindern, «sondern ihr eine Chance geben».
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