Fast jeder Fünfte betroffen Was tun bei Aphthen?
Die wunden Stellen im Mund verursachen schlimme Schmerzen und sind auch nicht immer harmlos. Was Sie über das weitverbreitete Übel wissen sollten.

Was genau sind Aphthen?
Aphthen sind schmerzhafte Schleimhautdefekte (Ulzerationen) im Mundhöhlenbereich – meist auf der Innenseite der Wangen, im dem weichen Gaumen, auf der Zunge oder den Lippen. Treten sie immer wieder auf, sprechen Fachleute von einer chronisch rezidivierenden Aphthose beziehungsweise von rezidivierender aphthöser Stomatitis (RAS). Im Volksmund ist einfach die Rede von einer offenen Wunde im Mund.
Wie sehen sie aus?
Es sind kleine Wunden im Millimeterbereich mit einem weisslich-gelblichen Belag, die einen geröteten Rand aufweisen. Beim hellen Belag handelt es sich weder um Eiter noch um Wundsekret, sondern um eine Art natürliches Schutzpflaster aus dem Eiweiss Fibrin.

Welche verschiedenen Arten gibt es?
Fachleute unterscheiden drei Typen:
• Minor-Typ: Etwa 85 Prozent aller wiederholt auftretenden Aphthen gehören zu dieser oberflächlichen Variante mit in der Regel zwei bis fünf Millimetern Durchmesser. Die kleinen Ulzerationen heilen auch ohne Therapie innert sieben bis zehn Tagen ab.
• Major-Typ: Diese Aphthe ist einen bis drei Zentimeter gross, reicht tiefer in die Mundschleimhaut und ist bedeutend schmerzhafter als der Minor-Typ. Ihre Heilungszeit beträgt zwei bis vier Wochen. Der Major-Typ macht ungefähr fünf bis zehn Prozent aller wiederkehrenden Aphthen aus.
• Herpetiformer Typ: Diese Art ist nur einen bis zwei Millimeter gross, tritt dafür in grosser Zahl – 50 bis über 100 Stück gleichzeitig – und vor allem am Zungenrand und an der Lippeninnenseite auf. Sie macht etwa fünf Prozent aller rezidivierenden Aphthen aus und heilt nach sieben bis zehn Tagen von allein aus. Zudem kann sie ein Anzeichen für eine Herpesinfektion sein.
Wie oft treten wiederkehrende Aphthen auf?
Das ist verschieden. Im Durchschnitt etwa drei- bis zehnmal pro Jahr.
Wie viele Menschen in der Schweiz leiden an Aphthen?
«Das ist schwer zu beziffern», erklärt Michael Bornstein, Professor und Vorsteher der Klinik für Oral Health & Medicine am Universitären Zentrum für Zahnmedizin Basel (UZB). «Allgemein geht man von einem hohen einstelligen bis zweistelligen Prozentsatz in der Bevölkerung aus. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass 10 bis 20 Prozent der Menschen in der Schweiz mit regelmässig wiederkehrenden, offenen Stellen in der Mundschleimhaut zu kämpfen haben.»
In welchem Alter treten die Probleme auf?
«Minor-Aphthen betreffen hauptsächlich Kinder, Jugendliche sowie junge Erwachsene. In der Regel wachsen sie sich irgendwann aus», sagt Bornstein. Einer Studie zufolge leiden 90 Prozent der Kinder, deren Eltern schon Aphthen hatten, ebenfalls daran. Eine erbliche Komponente scheint also mitzuspielen.
Was löst die Schmerzen aus? Mechanische Reibung beim Zähneputzen sowie säurehaltige Lebensmittel und Getränke verursachen die Beschwerden.
Wie werden Aphthen behandelt?
«Manche Menschen können problemlos mit ihren Aphthen leben, andere dagegen haben sehr starke Schmerzen», erklärt Experte Bornstein. «Wenn eine Behandlung notwendig ist, erfolgt sie primär symptomatisch.» Eingesetzt werden dabei Wundpasten, Tinkturen sowie bei Bedarf entzündungshemmende Kortikosteroide, also Hormonpräparate. Auch pflanzliche Therapeutika können schmerzlindernd wirken und die Wundheilung fördern.
Ist eine Heilung möglich?
Nein, bislang noch nicht. Michael Bornstein: «Wir versuchen einfach, die Erkrankungsdauer zu verkürzen, die Intervalle zwischen dem Auftreten der Aphthen zu verlängern und im Idealfall die Rezidive zu vermeiden.»
Was sind die Ursachen?
Diese sind noch nicht entschlüsselt worden. «Es gibt viele Hypothesen und Erfahrungswerte. Manche Menschen reagieren auf bestimmte Lebensmittel. Beispielsweise auf Zimt oder Kiwi. Bei anderen dagegen lösen gewisse Zahnpastainhaltsstoffe Aphthen aus», so Bornstein. «Meiner Erfahrung nach kann man meist nichts Eindeutiges eruieren.» Bekannt ist, dass Stress sowie ein geschwächtes Immunsystem die Entstehung der entzündlichen Stellen begünstigen. Weiteren Vermutungen zufolge könnte überdies ein Mangel an Vitamin B12 oder Zink eine Rolle spielen. Und weil Frauen öfter von Aphthen betroffen sind als Männer, kommt auch eine hormonelle Komponente als Ursache infrage.

Gibt es vorbeugende Massnahmen?
Sind bestimmte Aphthen-Auslöser bekannt, können Betroffene diese vermeiden. Weitere vorbeugende Massnahmen gibt es nicht, da die Ursachen für Aphthen noch immer weitgehend im Dunkeln liegen.
Wann ist ärztliche Hilfe notwendig?
«Heilt eine offene Stelle im Mund nicht nach zwei bis drei Wochen ab, sollte man zum Arzt oder zur Zahnärztin», empfiehlt Bornstein. «Ebenfalls abgeklärt werden sollten einzelne, grosse, wiederkehrende Aphthen.» Auch Fieber sei nicht typisch, so Bornstein. Dasselbe gelte für den Fall, dass sich nach einer Aphthe eine Narbe bilde. «Meine Aufgabe ist es dann, herauszufinden, ob es sich um echte Aphthen handelt oder um aphthenähnliche Erscheinungen.» Die Wunden könnten nämlich auch Anzeichen für eine andere Erkrankung sein, wie etwa Morbus Crohn (eine entzündliche, chronische Darmkrankheit), Anämie (Blutarmut), Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder sogar für ein Karzinom (Mundhöhlenkrebs).
Zu welchem Arzt oder zu welcher Ärztin sollte man gehen?
Je nachdem, wie jemand krankenversichert ist, führt der Weg zuerst zum Hausarzt, der dann gegebenenfalls eine Überweisung schreibt. An zahnärztlichen Universitätskliniken gibt es in der Regel spezielle Mundschleimhaut-Sprechstunden.
Schauen Zahnärzte und Zahnärztinnen während einer Behandlung automatisch auch auf Veränderungen der Mundschleimhaut?
«Ja, das sollten sie eigentlich tun», sagt Michael Bornstein. «Wir bilden unsere Zahnmedizin-Studierenden jedenfalls entsprechend aus.» Wer ganz sichergehen will, kann das Thema beim nächsten Zahnarztbesuch natürlich auch von sich aus ansprechen.
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