Getrennte Kassen oder gemeinsames KontoWas Geld über den Geist einer Beziehung verrät
Paare müssen spätestens wenn sie Kinder kriegen, ihre Finanzen klären – und setzen dabei laut einer Studie auf zwei Modelle.
Blut ist ein ganz besonderer Saft. Und Geld hat eine ganz besondere Kraft. Und wenn beides sich vermischt, also Paare zu Familien werden, ergibt das eine nicht selten explosive Mischung. Das liebe Geld. Schweizer reden nicht gern darüber. Und Paare schon gar nicht. Einer Studie des Berliner Wirtschaftszentrums für Sozialforschung zufolge reden die sogar lieber über ihre geheimsten Wünsche im Bett als über ihre Finanzen. Nun, das ist leicht nachzuvollziehen.
Aber früher oder später, spätestens wenn Kinder sich ankündigen, muss sich jedes Paar die Frage stellen: «Wie halten wir es eigentlich mit den Finanzen, Schatz?» Und dann gehts rund. Denn wie kaum ein anderes Instrument hat Geld die Eigenschaft, ansonsten diffuse Angelegenheiten und Vorstellungen in nüchterne Zahlen zu übersetzen und damit nicht immer das Beste aus den Menschen herauszuholen.
Tatsächlich kristallisieren sich in der Geldfrage die ganzen Kliffs einer modernen Paarbeziehung. Dies jedenfalls lässt sich aus besagter Studie des Berliner Wirtschaftszentrums für Sozialforschung schliessen. Unter dem Titel «Gemeinsam leben getrennt wirtschaften» wurden da die Geldarrangements von Paaren im internationalen europäischen Vergleich untersucht, mit interessanten Ergebnissen.
Während früher das Vermögen der Frau automatisch an den Ehemann ging und er ihr in der Folge ein gnädiges Taschengeld gewähren konnte, wenn er gerade Lust hatte, wird der Zahlungsverkehr heute, wie viele andere Fragen, unter Berücksichtigung der konkreten Situation der beiden Partner meist umständlich ausgeknobelt. Grob gesagt, gibt es zwei Typen von Paaren: Individualisten mit getrennter Kasse legen Wert darauf, auch in der Beziehung ein eigenes Leben zu führen. Sie verstehen sich als separat agierende Ich-AGs. Kollektivisten mit gemeinsamem Konto sehen sich dagegen eher als Kleinunternehmen, in dem beide mit unterschiedlicher Funktion am selben Strick ziehen.
Welches Modell ist besser? Das lässt sich vielleicht nicht so pauschal beantworten. Interessanterweise scheinen Paare mit höherem Bildungsstand eher die individualistische Finanzverwaltung zu bevorzugen, was auch eher im europäischen Norden verbreitet ist, so ergab die Studie. In südlichen Ländern wird hingegen lieber alles in den gemeinsamen Topf geschmissen. Die individualistischen Paare, so heisst es in der Studie weiter, verfolgten mit ihren getrennten Kassen auch die Absicht, sich für ihre Ausgaben vor dem andern nicht rechtfertigen zu müssen. Niemand schuldet dem andern etwas – das ist die Idealvorstellung dieser Regelung.
Nur leider wird dieses Ideal natürlich geschleift, sobald sich Kinder ankündigen. Mit Kindern ist es ungleich komplizierter, getrennte Kassen aufrechtzuerhalten. Denn wenn sie beispielsweise arbeitet und er zu den Kindern schaut: hat er dann nicht genauso ein Anrecht auf das Geld, welches sie in der Zeit verdient, während er zu Hause die Stellung hält? Oder müsste sie ihm dann nicht zumindest die Altersvorsorge zahlen? Und im Falle, dass beide arbeiten: Muss derjenige, der weniger verdient, dann mehr Hausarbeit leisten? Und wie regelt man einen allfälligen Erwerbsausfall während Schwangerschaft und Geburt?
Mein Mann und ich fanden, wie ungefähr die Hälfte der Paare mit Kindern, diese Diskussionen zu nervenaufreibend und entschieden uns deshalb kurzerhand für den Kollektivismus. Dies bedingt natürlich, dass man sich in Grundsatzfragen einig ist, etwa wer wie viel Geld für was ausgeben kann und darf, oder eben nicht. Statt auf Kontrolle setzen die Kollektivisten vielleicht eher auf Vertrauen, was einer Beziehung meiner Meinung nach nur guttun kann. Das Modell bedingt allerdings auch, dass man sich nicht scheut, diese Fragen auch zu diskutieren, wenn man nicht einverstanden ist.
Bis heute sind wir mit unserem Modell gut gefahren. Immerhin steht man mit gemeinsamen Kindern ohnehin immer auf die eine oder andere Art in der Schuld des andern, weshalb die Geld-Diskussionen an Brisanz verlieren. Oder was meinen Sie? Streiten Sie sich über Geld mit ihren Partnern? Und gibt es das ideale, gerechte Familien-Finanzierungs-Modell?
Dieser Artikel wurde erstmals am 5. August 2010 publiziert und am 20. Mai 2023 in dieses Redaktionssystem übertragen.
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