Warum Panini auf die Schweiz steht
Für das Unternehmen mit den berühmten Abziehbildern ist die Schweiz ein besonders lukrativer Markt. Für die hiesigen Fans haben die Italiener eine spezielle Edition aufgelegt.

Mitte Juni wird die Fussball-WM in Russland angepfiffen. Gerade junge Fans sammeln nun wieder die berühmten Abziehbildchen mit ihren Idolen – die Panini-Bilder. Auch wenn Ronaldo und Kollegen auf den Fotos oft etwas verschroben dreinschauen, so hat die Bildersammelei den Siegeszugs des Smartphones erstaunlich gut überstanden. «Der Schweizer Markt gehört zu den wichtigsten der Welt», sagt Ezio Bassi, Chef von Panini Schweiz. In keinem anderen Land würden so viele Bilder pro Person gekauft wie in der Schweiz. Zahlen wollte er aber keine nennen.
Panini bedankt sich für die Treue der Schweizer mit einer besonders edlen Ausgabe für den hiesigen Markt: Der Heftumschlag ist in Gold gehalten statt wie überall sonst in Blau. Das Papier ist 40 Prozent dicker, und die einzelnen Spielerbilder sind mit einem Goldrahmen verziert. Nur die Fotos der Spieler sind überall gleich.
Es sieht danach aus, dass Bassi mit den goldumrandeten Fussballern einen Coup gelandet hat. «Nun haben wir viele Anfragen aus dem Ausland für die goldene Ausgabe bekommen», sagt er. Am grössten sei die Nachfrage aus Peru. Aber auch viele Deutsche, Mexikaner, Amerikaner und Spanier würden die goldene Ausgabe in der Schweiz über das Internet bestellen.
Jede Meisterschaft wird teurer
Ein Artikel der US-Agentur Bloomberg sorgte aber für Aufregung. Die Agentur hat ausgerechnet, dass in keinem anderen Land die Panini-Bilder so teuer verkauft werde wie in der Schweiz. So koste ein Päckli mit fünf Stickern in der Schweiz 80 Prozent mehr als in den USA. «Wer einen Koffer voll mit Panini-Klebern aus Brasilien in der Schweiz verkauft, verdient viel», liess sich der Ökonom Lucian Sobral zitieren.
Das lässt Schweiz-Chef Bassi nicht auf sich sitzen: Die von Bloomberg zitierte Studie basiere auf einer falschen Berechnung, erklärt er. Denn die Autoren würden mit einem Preis von 1.80 Franken statt 1.10 Franken pro Packung rechnen.
Video – Seltene Spieler? Die grössten Panini-Mythen
Dennoch: Sammler müssen für ihre Alben immer tiefer in die Taschen greifen. Fast jede WM- oder EM-Endrunde brachte Preissteigerungen mit sich. Dazu verringerte sich die Zahl der Sticker in den 90er-Jahren von sechs auf fünf Stück pro Packung. Vor zwei Jahren lag die unverbindliche Preisempfehlung für fünf Bilder in der Schweiz bei 1 Franken. Aktuell kostet eine Packung mit fünf Bildern 1.10 Franken. «Die Preise für die Bilder wurden europaweit erhöht, da die Gebühren für die Lizenzen in den vergangenen Jahren gestiegen sind», erklärt Panini-Manager Bassi. So stieg der Preis im EU-Raum von einst 0.70 Euro auf aktuell 0.90 Euro.
Der Grundstein für Panini wurde in der Altstadt von Modena in Italien gelegt. Von hier stammen die Brüder Giuseppe und Benito Panini, welche 1961 das erste Panini-Fussballheft «Calciatori» herausgaben. Es war ein Sammelalbum mit Spielern der italienischen Serie A. Seit den Anfängen hat Panini schätzungsweise 25 Milliarden Bilder hergestellt. Die Fabrik in Modena kann bei Maximalbetrieb bis 8 Millionen Päckli pro Tag produzieren.
Viele kaufen die Bilder in der Schweiz am Kiosk. Es geht aber auch günstiger. Denn selbst in der Schweiz sind die Preisunterschiede erheblich. Panini-Päckchen kosten zwischen 74 Rappen (Lidl und Aldi) und 1.10 Franken (Valora). Die Bildchen können auch in Grosspackung mit 100 Päckchen erworben werden. Diese kosten beispielsweise bei Lidl 73.90 Franken. Das Päckchen kommt dann wie im Einzelverkauf auf 74 Rappen zu stehen.
An gewisse Sticker kommt nur heran, wer Coca-Cola kauft oder via Kunden-Hotline die Bilder bestellt. Fussball ist halt vor allem eins: ein Geschäft.
Panini-Bilder-Sammeln ist ein teures Hobby. Ein volles Sammelheft kostet mehrere Hundert Franken. «Das sollte sich jeder Fussballfan überlegen, bevor er oder sie mit dem Sammeln beginnt», sagt Alex von Hettlingen, Sprecher der Stiftung Konsumentenschutz.
Das aktuelle WM-Album ist mit 682 Bildern zudem so gross wie nie zuvor. Das Panini-Heft beinhaltet alle 32 teilnehmenden Teams bei der diesjährigen Fussball-Weltmeisterschaft. Weil in jedem Päckchen fünf Bilder stecken, brauchen Fussballfans also im günstigsten Fall 137 Päckchen. Insgesamt müssten sie mit der unverbindlichen Preisangabe von 1.10 Franken pro Päckchen rund 150 Franken bezahlen – vorausgesetzt, der Käufer hat kein einziges doppeltes Bildchen erwischt, was natürlich in der Praxis nie der Fall ist. Panini-Sammler wissen deshalb: Um das Heft vollzukriegen, braucht es deutlich mehr als 137 Päckchen.
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Bilder – Die Alternative: Sammelbilder vom «Tschuttiheftli»
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Worin aber liegt das Geheimnis um den Hype des Fussballbilder-Sammelns? Schweiz-Chef Ezio Bassi erklärt: «Es ist ein Trend gegen die Digitalisierung. Die Bilder sind physisch fassbar, und das Tauschen fördert die Sozialkompetenz. Zudem sind sie nostalgisch.»
Im Schweizer Heft ist dieses Jahr neu, dass die letzte Doppelseite für Spielerlegenden wie Maradona und Pelé reserviert ist. Diese zwölf Bilder gehören laut Panini nicht zur offiziellen Kollektion, sondern sie sind die Idee der Marketingstrategen von Coca-Cola Schweiz. An die Sticker der Ikonen kommt nur heran, wer Halbliterflaschen Coca-Cola Original und Zero kauft oder ohne Geldausgeben via Kunden-Hotline (0848 8080 00) die Bilder bestellt. Fussball ist halt vor allem eins: ein Geschäft.
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