
Ursula von der Leyen ist weg, und alles könnte für Deutschlands Kanzlerin eigentlich ganz einfach sein. Sie macht Jens Spahn zum Verteidigungsminister und setzt weitere Verschiebungen so um, dass ihre persönlichen Vorgaben eingehalten werden. Etwa die Parität der Geschlechter bei den CDU-Posten im Kabinett.
Die Sache hatte nur einen Haken: Angela Merkel macht bei der Verteilung von Ämtern und Posten gerne mal gerade nicht das, was allgemein erwartet wird.
Ursula von der Leyen (CDU), deren Nachfolge nun geregelt werden musste, ist dafür das prominenteste Beispiel. Es war eine grosse Überraschung, als Merkel bei der Besetzung des Verteidigungsministeriums 2013 erstmals eine Frau berief. Auch wenn von der Leyens Bilanz fünfeinhalb Jahre später als sehr durchwachsen gilt, war sie unter Merkel immerhin die einzige der insgesamt vier Minister an der Spitze der Bundeswehr, die sich länger als eine Legislaturperiode im Amt halten konnten.
Zur Stärkung der Autorität
Nun wurde eine Nachfolgerin für die erste Frau im Amt gesucht. Und herausgekommen ist nicht nur die zweite Frau im Amt, sondern eine vielleicht noch grössere Sensation als beim ersten Mal: Annegret Kramp-Karrenbauer wird neue Chefin der Bundeswehr (zum Bericht). Das ist deswegen eine so grosse Überraschung, weil die nicht mehr ganz so neue CDU-Chefin bislang einen Kabinettsposten stets abgelehnt hatte. Sie hat das selbst dann noch bekräftigt, als die Vakanz sich durch die Nominierung von der Leyens schon abzeichnete.
Klar war immer, dass Kramp-Karrenbauer Ministerin werden kann, wenn sie will. Letztlich war es eine Abwägungsfrage, bei der auch ihr Ziel, ins Kanzleramt zu kommen, die Gewichte bestimmte. Dafür spricht, dass die bislang etwas glücklose Parteichefin als Ministerin einen bedeutend grösseren Apparat zur Verfügung hat, der letztlich auch der Stärkung ihrer Autorität dienlich sein könnte. Andererseits gibt sie nun ein Stück ihrer Autonomie gegenüber der Kanzlerin auf – für Merkel und Kramp-Karrenbauer bislang das wichtigste Argument gegen einen Kabinettsposten.
Die Frage der künftigen Machtverteilung in der CDU dürfte für Kramp-Karrenbauer entscheidend gewesen sein, nun ihre Haltung zu ändern und volles Risiko zu gehen. Ein Verteidigungsminister Jens Spahn zum Beispiel hätte als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt zu Friedenszeiten und zugleich in einem aussenpolitisch relevanten Ressort enorm an Bedeutung gewonnen. Das können Merkel und Kramp-Karrenbauer nicht gewollt haben. Nun springt die CDU-Vorsitzende selbst in das Amt.
Das Verteidigungsministerium – eine schier unmögliche Aufgabe
Wie schwierig die Aufgabe wird, zeigen die Bilanzen von Merkels bisherigen Verteidigungsministern. Franz-Josef Jung (CDU) wurde 2010 noch nach dem Ausscheiden aus dem Amt von den politischen Spätfolgen des Bundeswehr-Bombardements zweier Tanklastzüge in Afghanistan mit Dutzenden Toten eingeholt und musste von seinem neuen Posten als Arbeitsminister zurücktreten. Karl-Theodor zu Guttenberg, der letzte CSU-Mann an der Spitze des Ressorts, stolperte über seine Doktorarbeit. Thomas de Maizière (CDU) verhedderte sich so sehr in der Affäre um die Beschaffung der Drohne Euro-Hawk, dass Merkel ihn lieber aus der politischen Schusslinie nahm und 2013 ein zweites Mal zum Innenminister machte.
Ursula von der Leyen geriet durch die Affäre um Berater-Aufträge, die derzeit noch ein Untersuchungsausschuss aufarbeitet, sowie das finanzielle Debakel um das Segelschulschiff Gorch Fock in politisch schwere See. Mit de Maizière und von der Leyen hat das Ministerium bereits zwei CDU-Politikern die Chancen auf eine Nachfolge Merkels im Kanzleramt gemindert. Für Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) soll es nun anders laufen. Ihre Berufung ist bereits die zweite Überraschung, die sie mit Merkel ausgeheckt hat. Das erste Mal überraschten beide 2018 mit der Ernennung AKKs zur CDU-Generalsekretärin.
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Warum Merkel AKK jetzt auf den Schleudersitz hievt
Die Kanzlerin macht ihre Wunschnachfolgerin zur Verteidigungsministerin. Das ist eine Sensation – und volles Risiko für Kramp-Karrenbauer.