Warum der Schweizer Spielwarenmarkt anders tickt
Im Spielzeuggeschäft gibt es hierzulande noch keine Krise. Der Markt ist stabil. Eltern sparen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zuletzt bei ihren Kindern.

Der Spielzeugbranche scheint der Spass vergangen zu sein: Die französische Ludendo-Gruppe, zu der auch Franz Carl Weber gehört, beantragte vor kurzem Gläubigerschutz bei einem Pariser Gericht. Und in den USA löst die insolvente US-Kette Toys R Us ihre 885 Filialen auf.
Und in der Schweiz? Ist die Lage nicht so düster, wenngleich das Spielwarengeschäft auch hierzulande hart umkämpft ist. «Der Schweizer Spielwarenmarkt läuft seit vielen Jahren gut», sagt Sandro Küng vom Schweizer Spielwarenverband. Das bestätigt Kurt Meister vom Marktforschungsinstitut GFK: «Der Schweizer Spielzeugmarkt hat sich in den letzten zwanzig Jahren solide und stabil verhalten.»
Was sind die Gründe? «Die Schweizer Konsumenten sind nicht sehr preissensitiv», erklärt Verbandsexperte Küng. Lego-Kopien laufen beispielsweise gar nicht gut. Und ein Spielzeug anfassen zu können, scheine Kunden wichtig zu sein. Zudem ist der Spielwarenmarkt auch in Krisenzeiten stabil: «Bei Kindern sparen viele Eltern zuletzt», sagt Küng. Obwohl Spiele auf dem Handy und dem Tablet wichtiger geworden sind, suchen viele Eltern für Kinder klassisches Spielzeug wie Puzzles, Autos, Plüsch oder Puppen.
Wachstum dank Online
In der Schweiz erzielte die Spielwarenbranche im vergangenen Jahr einen Umsatz von 470 Millionen Franken. Das entspricht einem Plus von 1,4 Prozent. Doch auch der Spielzeugeinkauf verlagert sich zunehmend ins Internet. Insgesamt werden momentan knapp 10 Prozent der Spielwaren online bestellt, Tendenz stark steigend. Bei der Migros etwa hat das Onlinegeschäft in den vergangenen zwei Jahren um 30 Prozent zugenommen. Bei Coop wird immer noch deutlich mehr im Laden eingekauft.
Klar ist: Auch die Spielwarenbranche steht vor einem Wandel. «Viele Fachhändler haben den Einstieg ins Onlinegeschäft verschlafen», sagt GFK-Experte Meister. Erst seit kurzem gibt es beispielsweise bei Franz Carl Weber einen Onlineladen. Auf dem Vormarsch sind Onlinehändler wie Digitec Galaxus: «Der Umsatz mit Spielwaren wächst bei uns überdurchschnittlich stark», sagt Sprecher Alex Hämmerli. Mittlerweile habe man 100 000 Spielwaren im Angebot. Amazon spielt wegen der in der Schweiz anfallenden Zollgebühren derzeit noch eine weniger grosse Rolle als etwa in Deutschland. Wenn Amazon mit der .ch-Domain kommt, wird auch der Schweizer Spielwarenmarkt unter Druck kommen. Händler, die längerfristig Erfolg haben wollen, müssten laut Meister auf das sogenannte Multichanneling setzen. Das bedeutet: Die Kunden bestellen Waren im Laden und lassen sie nach Hause liefern. Oder umgekehrt.
Infografik: Spielwarenabsatz in der Schweiz

Laut GFK beherrschen die Grossverteiler und Warenhäuser wie Migros, Manor, Coop, Lidl und Aldi momentan 60 Prozent des Spielwarenhandels. Haben die kleinen Läden da eine Chance? «Ja. Gerade kleine Fachhändler wie Amsler oder die Spielkiste bieten ein ganz anderes Sortiment an als die Grossverteiler. Sie setzen etwa auf robuste Holzspielwaren», sagt Meister.
Amsler ist ein kleineres Spielwarengeschäft mit acht Filialen und achtzig Mitarbeitern, das stetig wächst. Der Sitz ist im Kanton Aargau. «Unser Personal weiss über alle Spielwaren sehr genau Bescheid», erklärt Inhaber Marcel Amsler den Erfolg. Die Mitarbeiter lernen immer wieder neue Gesellschaftsspiele selber kennen und können diese gut erklären. Viele Spielwaren könne man auch vor Ort ausprobieren.
Zudem sei das Sortiment das ganze Jahr hindurch sehr gross und nicht nur an Weihnachten. Man biete zum Beispiel 50 verschiedene Puppenwagen an und nicht nur 3. Genau dies suche die Kundschaft bei Amsler, und sie sei sehr treu. Es komme selten vor, dass sich Kunden im Laden beraten liessen und dann die Ware im Internet kauften. Wenn die grossen Detailhändler wie die Migros in Aktionen 30 Prozent auf Spielzeug geben, spüre man dies nur beschränkt.
Interessant ist, dass die Schweizer Spielwaren im Vergleich zum Ausland konkurrenzfähig sind: «Als vor drei Jahren der fixe Frankenkurs aufgehoben wurde, kamen die Preise der Spielwaren in der Schweiz nach unten», sagt Kurt Meister vom GFK. Er stelle heute immer wieder fest, dass viele Schweizer Spielwaren nicht teurer seien als im Ausland.
Franz Carl Weber will Trennung
Auch Toys R Us profitiert davon, dass die Schweiz bisher von der Spielzeugkrise verschont blieb. Das US-Unternehmen betreibt in der Schweiz zehn Geschäfte. Der Schweizer Ableger von Toys R Us sei nicht von der Insolvenz bedroht, sagte die europäische Konzernzentrale in Köln dieser Zeitung. Das stimmt bedingt. Momentan wird ein Käufer für das Geschäft in der Schweiz gesucht. Der grösste Konkurrent punkto Umsatz ist Franz Carl Weber. Dieser versucht derzeit, das eigene Geschäft zu retten und sich von der strauchelnden Mutter, dem Spielzeugkonzern Ludendo, zu lösen. Franz Carl Weber plant, sich neu auszurichten.
Der Antrag auf Gläubigerschutz beim Mutterkonzern habe zwar keinen Einfluss auf das Geschäft in der Schweiz, sagt Michael Märki vom Beratungsunternehmen Zetra. Doch: Franz Carl Weber hat Märkis Firma damit beauftragt, den Spielzeughändler als eigenständige Unternehmung neu aufzustellen. «Bis Mitte Jahr sollte Franz Carl Weber vom Mutterhaus getrennt sein», sagte Märki der «Schweiz am Wochenende». Momentan betreibt die Spielwarenkette in der Schweiz zwanzig Filialen. In Zürich wurde das Geschäft 1881 gegründet. An dem Ort an der Bahnhofstrasse, den Franz Carl Weber erst Ende 2016 verliess.
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