
Zwei Wochen – in diesem Zeitfenster erkennen wir jeweils, wie sich die Pandemie entwickelt: Zwei Wochen braucht es, bis wir wissen, ob neue Massnahmen wirken. Und wenn sie es tun, braucht es mindestens zwei Wochen, bis sich dies in einer Entlastung der Spitäler niederschlägt. Schliesslich erfahren wir auch erst mit einer Verzögerung von zwei Wochen, wie schnell sich die ansteckendere Variante Omikron in der Schweiz ausbreitet.
Angesichts rekordhoher Fallzahlen und der Situation in den Spitälern hat die Schweiz allerdings keine zwei Wochen mehr, um zu reagieren. Der Bundesrat erwähnt es in seiner heutigen Mitteilung selber: Mitte Dezember, also in wenigen Tagen, dürfte die erste kritische Schwelle von 300 Corona-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen überschritten sein. Ab dann käme es nicht wie jetzt schon lokal, sondern landesweit zu Verschiebungen von medizinischen Eingriffen und teilweise zur Triage.
Sollten die Fallzahlen nicht bald deutlich zurückgehen, kommen die neuen Massnahmen für die Spitäler zu spät.
Das Risiko einer Eskalation wäre kleiner, wenn der Bundesrat die nun vorgeschlagenen Massnahmen sofort beschlossen hätte. Grossflächig 2-G mit Maske oder Test, obligatorisches Homeoffice, Einschränkungen für Ungeimpfte auch im Privaten: Die Entwicklung in Deutschland, wo die Fallzahlen mit einem ähnlichen Paket jetzt anfangen zurückzugehen, lässt hoffen, dass dies zumindest mit der noch dominierenden Delta-Variante funktionieren kann – aber eben, nur wenn rechtzeitig reagiert wird. Der Bundesrat hätte darum diesmal auf eine Konsultation verzichten sollen.
Luca De Carli ist Teamleiter im Ressort Inland. Er schreibt und recherchiert zum aktuellen Politgeschehen der Schweiz und koordiniert eine Woche pro Monat als diensthabender Redaktor die Berichterstattung des Ressorts.
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Kommentar zu neuen Corona-Massnahmen – Warten ist fahrlässig
Der Bundesrat hat einen soliden Plan präsentiert. Doch es ist möglich, dass er zu spät kommt.